Von Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Meiningen, 24. April 1803, Sonntag

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Meiningen den 24ten April.

Theuerster Vater,

der Überbringer dieses Briefes, ist eine Bekantschaft von 10 Minuten, in denen er mich mit meinem Kinde sah. Ich hörte sein Weg ginge in meine Vaterstadt und wie natürlich war der Wunsch IhnenSie mündlich etwas von mir hören zu laßen, wie ich sehnsüchtig den Fremden empfangen würde der Ihr Angesicht erblikt hätte. Mehr als daß wir wohl sind wird Ihnen der gute Mann nicht sagen können. er ward meinem Mann, durch einen äußerst vorteflichen Geistlichen ausin Esens in Ostfriesland, empfohlen, weil er es ihm zu werden wünschte . Er brachte seinen Sohn in das hiesige Forstinstitut und hielt sich einige Tage auf – wir haben ihn nicht eingeladen, weil er uns zu fremd war, und wir wegen unserer nahen Abreise nach Coburg etwas derangirt sind. Am 16ten May sind wir gewis schon dort.

Lange hörte ich nichts von Ihnen, geliebter Vater, aber ich bin nicht so unruhig als das vorigemal, weil |2 lezter Brief mir die Fortdauer Ihrer Liebe sicherte – aber wenn Sie einmal wieder Zeit haben, so denken Sie an meine unendliche Freude, wenn ich Ihre Handschrift erblike – Gott gebe, daß Sie so gesund als glüklich sind! Ich wolte ich könte Ihrer Henriette durch eine Umarmung meiner Liebe u des Dankes versichern, daß Sie das leztere so vollkommen zu machen versteht – Sie verzeihe mir, wenn ich mich auf die Autorität des fremden Beifals berufe den Sie ungetheilt erregt. Und Sie, mein Vater, werden meines innigsten Dankes gegen die Vorsicht gewis seyn, die Ihr Schiksal so lenkte!

Nun muß ich diese wenigen Zeilen schließen weil ich sehr viel Arbeit noch zu vollenden habe - und mein liebes Kind mich so oft stört. Dieses entwikelt sich täglich liebenswürdiger – ich wolte ich wäre nicht seine Mutter um es schildern zu können – aber so scheine ich lächerlich. Die Sehnsucht es Ihnen u meinen Schwestern zu zeigen zu können , ist oft recht schmerzhaft dringend. Aber was in ihm liegt wird sich erhalten, u fortwachsen, denn ich allein behüte es nächst Gott, u so werde ich es einmal in [...] aller |3 seiner Reinheit in Ihre Arme führen können.

Gott segne Sie ferner mit Ihrer Henriette die Sie recht kindlich von mir grüßen sollen. und mich segne er mit Ihrer ewigen Liebe.
Mein guter Mann grüßt Sie Beide, er wird täglich gesunder.

Ich bin ewig


Ihre treuste
Tochter Caroline

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Meiningen, 24. April 1803, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0658


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 2⅓ S. Auf S. 1 Datierung vfrH: 1803; auf S. 4 Adr.: Herrn | Geheimen Ober Tribunals Rath | Mayer | durch Güte. | in Berlin | wohnhaft in der Leipzigerstraße. | im Klagenschen Hause. Siegelreste.


Korrespondenz

Der Brief wurde überbracht von Dothias Christian Kettler.