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Cob. d. 2. Mai.
1804

Vergeben Sie mein Schweigen, das nicht einmal heute aufhört. Ich wartete ewig auf ein Bierfährmann. Otto wird Ihnen aus meinem Briefe einige Bitten zeigen. Nächstens mehr u besser! Nur von Thieriot wünscht’ ich baldige Nachrichten u. von Ihnen d Entschuldigungen Ihres Schweigens, wenn nicht die Reise die schönste ist. Adio, Alter!

Ich wo

Das hat Emma gethan.
hne in Gedanken schon so lange bei Ihnen, guter Emanuel, daß ich Briefe zwischen uns für überflüßig hielt – de meine ganze Sehnsucht geht nach Bayreuth als dem lezten Ruhepunkt, weil ich erfahre daß allein die Freundschaft uns eine Heimath bildet – überall fühle ich mich fremde, und mir war bis dahin, als wäre ich immer nur auf der Reise. – – –

Richters Wanken zwischen Bayreuth und Gotha woran ihn der Tod des alten Herzogs erinnert hat, macht mich nicht wenig bange – ich habe nichts was meine Furcht des Vorzugs für G. rechtfertigte, denn Rr. Richter ist durchaus unentschieden, aber das Schiksal schmeichelt so selten unsren Wünschen, daß man fast sicherer auf das rechnen kann was ihnen entgegen ist. Einen kleinen Trost finde ich in einer bloßen Fantasie, ohne allen Grund: nemlich, daß der auch auf dem Sprunge stehende Mahlmann (der nicht länger in Leipzig bleiben will) auch Gotha wählte – wo ich dann mit meiner Ernestine vereinigt wäre!

|3 Aber bei Ihnen erwartete uns ein schönes Leben, wir würden uns täglich sehen – und Eine Familie ausmachen – wir würden uns nicht entbehren können – und so muß es seyn, wenn man glüklich seyn will. Richter fühlt eben so sehr das Bedürfnis nach Herzlichkeit, und wahrer Liebe. Die Leere des höfischen Lebens hat er zum Überdruße genoßen und nur wenn es mit recht viel Geist gewürzt wäre, wie wohl in Gotha kann er es wieder suchen. Seine Entscheiden entscheidet eine besondere Gunst des neuen Herzogs der ihn ja als Erbprinz so goutirt.

Waren Sie wohl, Emanuel im trüben Vor-Frühling? Sind Sie jezt nicht recht heiter? [...] Wohnen Sie bei Tage wieder in Uhlfelders Gartenhaus, wo wir vor einem Jahre die seeligsten Abende feierten?

So eine Wohnung ins Freie wünschte ich mir wenn wir wirklich zu Ihnen giengen – oder in Otto’s Gegend am herrlichen Main . Auf jeden Fall wünschte ich eine untere Etage zu bewohnen, wo keine oder nur |4 höchstens eine Treppe zu ersteigen ist, das ist eine kleine Bedingung meiner Glükseeligkeit.

Meine Geschichte der vergangenen Tage ist kürzl. diese:

Emma und Max wurden beide zugleich an heftigen Catharren krank – Emma erholte sich bald, aber Max behielt drei Wochen lang ein Nachtfieber – welches mir und ihm den Schlaf nahm. Aber die göttliche Luft die Thieriot so schön mit einer Hymne besungen hat – vertrieb wunderbar das Fieber, und er hat jezt die alte schöne Ruhe wieder. Unser Max ist ein schönes herrliches Kind, das sagt nicht blos die Mutter – fast behauptet er den Vorzug für Emma, durch schönere Farbe – geistig ist er gewis ein ächter Sohn seines Vaters, so voll Liebe Ruhe u Lebendigkeit, und von einer Empfindlichkeit für Töne, daß er wenn ich ihm singe oder mein Mann pfeift fast Verzukungen bekömmt. Emma ist jezt sehr entwikelt in [...] Geläufigkeit der Zunge, und Beine – sie macht unsere Spaziergänge fast alle zu Fuß mit.

Das Blatt ist zu Ende, ud ich nehme aus Zeitmangel kein neues. Gott segne Sie, herrlichster Emanuel, sagen Sie mir bald daß Sie mir wegen des langen Schweigens vergeben haben, und grüßen Sie innigst Ihren edlen Uhlfelder u Bruder .

Caroline.

Zitierhinweis

Von Jean Paul und Caroline Richter an Emanuel. Coburg, 2. Mai 1804, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0699


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Textgrundlage

H: SBa, OFS.Autogr. R 1(1804.05.02
1 Dbl. 8°, 1 S. von Jean Paul, 3 S. von Caroline Richter.

Überlieferung

D: Denkwürdigkeiten 1, 158–159 (nur Carolines Briefteil).

D: 3. Abt., Bd. IV, Nr. 462 (nur von Jean Paul).


Korrespondenz

A: Von Emanuel an Jean Paul. Bayreuth, 13. Mai 1804 (4. Abt., Bd. IV, Nr.348)

Präsentat auf S. 1: 13t-20t Mai beantw (offenbar nur ein Teil der Antwort überliefert.)