Von Henriette Mayer an Caroline Richter. Berlin, 14. Okober 1819, Donnerstag

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Berlin den 14. Sept 1819

Liebe Tochter! aus den Zettel Deines Vaters , den Du wie billig, schon gelesen hast, siehst Du, daß ein Freund von uns der Uberbringers dieses ist; Er wird sehr schnell reisen und konnte mir nicht mit Gewißheit versprechen, ob er Dich besuchen würde; wenn es also nicht geschieht so entschuldige ihn, es ist dann ein Beweis, daß er zu einer Stunde in Baireuth ankahm, wo ein Besuch unpassend wäre, oder sein Befinden gestattet ihn diese Freude nicht, denn er ist erst eben von einer Krankheit genesen, die das Gute für ihn hatte, daß sie ihn den Urlaub zum Besuch seiner Eltern und zur Wiederherstellung seiner Eltern Gesundheit verschafte. Er wird Dir ein Päckchen mitbringen enthaltend, erstlich ein Geschenk von Deinem Vater, nehmlich 9. Ellen schwarzen Samt, zu 3 Spenzer für Dich und die beiden lieben Mädchen . ich weiß nicht ob Ihr lieben Kinder mit dieser Wahl sehr zufrieden sein werdet; hier sind die schwarzen Samt. Spenzer , besonders für junge Personen, sehr Mode; Mayer sah vorgestern meine beiden Nichten Rabe so gekleidet, es gefiel ihm sehr, und so entstand der Gedanke; hat er Eurern Beifall nicht, so geben |2 die 9 Ellen auch wohl ein Kleid für die Mutter. Du, Liebe Caroline, findest ein Köberchen zur Arbeit wie der meinige war der Dir gefiel, den nim von mir gütigst an, drin liegen 2 Arbeitsbeutel für Ema und Ottilie, die ich diesen Fleißigen zum Andenken an mich schicke.

Nun ferner die 20 Ellen schwarzen Atlas für H. Enzel , Dein schwarz gefärbtes Kleid, und das Atlaßene, wozu ich 2 Ellen Atlas gekauft und mit roth habe färben laßen. ich finde sämtliche gefärbte Sachen gut gerathen, sage aber ehrlich ob Du und H. Enzel damit zufrieden seid.

Ferner 3 Sorten Gingan zu Kleider, jede 10 Ellen für Fr. v. Bomhardt ; er ist aus unserer theuersten aber besten Fabrik. sie ersuchte auch darum in Marienbad; ich erinnere mich wohl, daß Du meintest, ich könnte es auch unbelaßen, da ich aber diese schöne Gelegenheit hatte, so wollte ich doch lieber Wort halten. Sollte sie nicht mehr Lust dazu haben, so findet sich wohl Jemand der den schönen Gingan gerne nimt, und ist dies nicht der Fall, so laße ihn für meine Rechnung liegen ich werde dann weiter über ihn bestimen. |3 Empfiehl mich ich bitte der Frau und dem Fräulein von Bomhardt sehr; ich hoffe die Hand der Ersteren ist nach dem zweiten schmerzhaften Einrenken, vollkommen hergestellt. Hier schicke ich Dir auch mein Taillen u Ermel Muster, wie Du es zu haben wünschtest. und die Berechnung des Geldes wonach ich nichts mehr von Dir und Du von mir bekämst, denn ich lege hier 3 1/2 Fr. bei die betragen 19 rth 6 gr courant, die ich übrig behalten hatte. Schreib mir aber recht aufrichtig ob Du mit Allem zufrieden bist, und die Berechnung richtig findest, oder noch etwas zu erinern hast.

Mit meinem guten Mann sein Befinden, ist es ziemlich wie Du es gesehen hast, nur daß die Schwäche in den Füßen , wie im Ganzen doch Fortschritte macht. Er hat noch hier mancherlei Proben mit Bäder verschiedener Art angestellt, sich aber jetzt selbst überzeugt daß sie ohne Würkung bleiben; und da ihn Heim gesagt hat, er schwäche sich eher dadurch als nütze, so stellt er es jezt ein. Wir sind eben beschäftigt eine große Veränderung in unserer Wohnung zu machen. Mayer wird in seiner Arbeitstube auf ein Schlaf Sopha schlafen, und der Bediente in der Stube die sonst Julius bewohnte, soll dicht neben ihn, um ihn in der Nacht abrufen zu können. Da unsere Winter Wohn u Eßstube ziemlich weit davon entfernt ist, und der Gang allemahl angreifend für |4 , so wird die , die dicht an Arbeitstube stößt, jezt zur Wohnstube eingerichtet; dies erfordert aber daß ein Offen drin gesezt werde, und ein Papier hineingeschlagen nebst Fußteppich; dabei sind wir eben beschäftigt; wir werden so viel kleiner und enger, aber wohnlicher wohnen. Mein Mann hat in seinem vorigen Briefe den Deinigen eingeladen uns zu besuchen und bei uns zu wohnen, und sich auf mich bezogen in wie fern noch mehrere von der Familie mit kommen könnten. Mir würde es Freude machen wenn Ihr kämt. Zwei Stuben könnte ich Euch geben, und ich glaube Ihr würdet Euch damit begnügen, versteht sich von selbst, daß es nur zum Schlafen und zum Arbeiten Deines Manes wäre; und wir Eine gemeinschaftliche Wohn u Eßstube hätten: wenn Ihr unsere Bitte annehmt so füge ich noch die hinzu es mir so früh als möglich wißen zu laßen. Schreib mir auch beste und zwar sehr bald was Du wünschest daß ich für Dich auf der Auction der Merzdorf erstehen soll; ich glaube sie wird bald sein; so viel ich mich erinere; wünschtest Du Betten, und auch, glaube ich, Wäsche; nur weiß ich nicht mehr war es Bett oder Tischwäsche, oder beides.? |5

Seit unserer Trenung haben wir zwei Briefe von Julius ; beide aus München; der erste sagt er wäre in Wien 13 Tage gewesen und wolle jetzt noch die Rheingegenden besuchen; der zweite er hätte sich besonnen und gienge nach Italien, so weit sein Geld reichen würde. Beide sind sehr kurz und sagen nicht viel mehr, als was ich eben anführte; auch scheint er kein Bedürfniß zu fühlen Nachrichten von uns zu erhalten, denn er hat uns keine an sich gegeben, es ist also unmöglich ihn zu schreiben. Gott seegne ihn in allen was er unternimt. wir haben nicht die ihn in diesen Jahre wieder zu sehen! –

Entschuldige mich bei der lieben daß ich ihr nicht schreibe; es wird mir gar zu schwer meiner Augen und Beschäftigungen wegen doch trage ich sie in meinem Herzen mit ihren Geschwisterpaar , und liebe sie und Euch Alle von Herzen. Nun lebe wohl Herzenstochter; Du bist einmahl wieder Strohwitwe, ich höre Dein Mann ist in Löbichau bei der Herzoginn grüß ihn herzlich von Deiner Freundin

H. Mayer

Zitierhinweis

Von Henriette Mayer an Caroline Richter. Berlin, 14. Okober 1819, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0709


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. u. 1 Bl. 4°, 5 S.


Korrespondenz

Der Brief lag Johann Siegfried August Mayers Brief an Caroline Richter vom 12. Oktober 1819 bei. Zur Datierung: Daraus ergibt sich, dass er nicht – wie von Henritte Mayer datiert - im September, sondern im Oktober 1819 verfasst wurde, widmet sich doch der Brief des Vater finanziellen Berechnungen, die nach Ausschüttungen am 1. Oktober 1819 vorgenommen wurden.