Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bamberg, 6. April 1822, Sonnabend

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Mein geliebtes Odilichen!

Den ganzen Tag habe ich mich gefreut, Dir den Abend von Bamberg zu schreiben , damit Du in fortwährender Verbindung mit uns bleibst, und weil ich weiß daß Du den ganzen Tag an uns gedacht haben wirst. Möchtest Du recht froh denselben verlebt haben, geliebtes Kind, und in den Umgebungen Deiner dortigen Freunde leicht über die Trennung von uns hinweg gekommen sein! Ich zweifle nicht daran, und das Vertrauen auf Dein Glück macht mich stark. Sage mir nur ja jede Kleinigkeit die Dir unangenehm sein könnte. Schreibe mir jetzt gleich wie Dir ist. Deine Briefe an mich sollen nicht vom Vater gelesen werden, wenn etwas darin ist, das Du ihn nicht gern wissen lassen willst. Dem guten Vater muß man freilich nur die angenehmen Ansichten Deiner Lage sagen, aber mir sagst Du alles – Alles. Innig drücke ich Dich an mein Herz, Du liebe gute Tochter. Seegen über mein liebes Kind, daß ihr der Zwang nicht zu schwer werde . Ich empfehle Dich Gott, Er wird Dich beschützen und stärken wie so viele andere.

|2 Wir sind um 8 Uhr in Bamberg angekommen, und haben eben Fleischsuppe und Kalbsbraten soupirt. Mittags aaßen wir in Kloster Ebrach. und da der Kutscher lange fütterte besah Fräulein Ritter das Kloster. So eine prächtige Kirche kannst Du Dir nicht denken, eine Pracht von Marmorsäulen Bildhauerei, Vergoldung, Gemälden, Orgeln Fußboden kanst Du Dir nicht denken, wie bedauerte ich daß ich mein Odilichen nicht an meiner Seite hatte.

Fräulein v. Ritter läßt Dich bitten Herrn Heine an die beiden Schnallen zu erinnern die sie bestellt hat, und sie mit der Dienstagspost an mich abzuschicken, da sie sie für ihre Kleine nothwendig braucht. vergiß es nicht. Zweitens hat Luise Welden im Kleiderschrank ganz oben ein paar Unterhosen liegen lassen, die sollst Du an Dich nehmen, und in Deinem Bezirk aufbewahren bis eine Gelegenheit kömmt. Jetzt, um 10 Uhr da ich Dir dieses schreibe, mein Leben hast Du Dich wohl zu Bett gelegt, und wirst gut geschlafen da Du vorige Nacht so gestört. Lebe wohl, Luise grüßt Dich nimm vorlieb mit diesen wenigen Zeilen, grüße Falks recht sehr von mir, sei heiter mein Kind bald sehen wir uns wieder, Grüße Herrn Heine und Auguste sehr von

Deiner
treuen Mutter.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bamberg, 6. April 1822, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0721


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 4°, 2 S.