Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 2. Juni 1802, Mittwoch

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Leipzig. Am 2ten Juny 1802

Mein theurer Vater – welch eine unendlich große Freude mir der Zufall Ihres lieben Briefes gemacht das können Ihnen keine Worte sagen – aber Sie können es sich denken und fühlen. Ach, mein liebster Vater dies mal laßen Sie sich bey Ihrem Worte halten, und machen Sie die himmlische Freude wahr, die Sie uns zugedacht haben. Es wäre entsezlich, wenn wir wieder getäuscht fürchten würden. Ich fürchte es auch fast nicht, wenn nichtder lezte Brief meines Mannes an Sie – Sie doch vielleicht in Ihrem Plane irre macht. – Ich eile darum Ihnen gleich heute zu schreiben. Leyder giebt es keine schnellere – frühere Post. Sonst möcht ich Ihnen einen Eilboten zuschicken, damit nun jener Brief, nicht wieder eine Störung verursachet! – Aber, mein liebster Vater, kehren Sie sich an jenem Brief nicht. Mein Mann spricht in dieser Zeilen zu Ihnen wie ich – und läßt Ihnen durch mich sagen daß wir gar nicht geglaubt haben, daß Sie sich so schnell entschließen würden, und so ohne alle Vorrichtungen, wie die Reise zu Pferde sie unnöthig macht kommen würden. Er hat Ihnen geschrieben daß ich persöhnlich Taufzeuge bey dem kleinen neugebohrnen Wesen seyn soll. Dies könnte Sie glauben machen daß unsre Reise darum gleich in der ersten Woche angetreten werden müßte, weil man gewöhnlich in den ersten 14 Tagen taufen läßt. – Aber ich |2 könnte Ihnen den Brief meiner Schwagerinn darlegen in welchem sie ausdrücklich schreibet. "Reiset ganz nach Eurer Bequemlichkeit und kehret Euch nicht um den Zeitpunkt meiner Entbindung. Es ist hier Gebrauch daß man nur dann erst taufen läßt, wenn es [...] das Wohlseyn und die Bequemlichkeit der Wöchnerinn zuläßt."

Also, mein liebster Vater, sehn Sie selbst wie sehr sich die Freude Sie vorher noch bey uns zu sehn mit jenem Umstande vereinigen läßt. Ach Gott, wenn ich doch Sie recht flehentlich bitten könnte, daß Sie doch nur kommen! Sagen Sie sich selbst, mein theurer Vater, alles was Ihnen der Ausdruck der kindlichsten Liebe und Freude sagen könnte, und was auf dem Papier nur schaal nur leer dagegen klingt.

Sehen Sie, liebster Vater, wenn Sie sich einen, oder den folgenden Tag nach Empfang dieser Zeilen zu Pferde sezen so sind Sie hier in wenig Tagen hier. Ach Gott, Ach Gott, ich sterbe für Freude!! – Leben Sie wohl mein geliebter Vater, der Himmel lenke doch Ihr Gemüth zur Erfüllung unsrer Wünsche!

Ich kann Ihnen nicht mehr schreiben! Die Post eilt! Ich sage Ihnen nurnoch, daß mein guter Mann alles unterschreibt, was ich Ihnen vorgestellt habe und daß unsre Freude unendlich seyn wird!

Ach kommen Sie doch nun? Ihre Tochter

E'. Mahlmann

Zitierhinweis

Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 2. Juni 1802, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0807


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 8°, 2 S.