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Was unter diesen Umständen aus unserer Verbindung werden wird, weiß Gott! Es versteht sich von selbst, daß sie nicht eher statthaben darf, bis sie einigermaßen geordnet sind. Für mich fürchte ich in Rücksicht meiner Gesinnungen nichts, da mir Minna theurer wie mein Leben ist und ich höchst unglücklich sein würde, wenn ich sie verlöre . Von der andern Seite denke ich aber auch zu zart, als daß ich auch nur auf die leiseste Weise Ueberredung gebrauchen möchte, im Fall ich auch nur einigermaßen ahnden könnte, als seien ihre Gesinnungen und ihre Liebe verändert. Ich begreife vollkommen, wie diese Geschichten alle auf sie influenciren müssen , und wie es geschäftige Rathgeber geben wird, die ihr die Verhältnisse und mich mit Farben darstellen, die sie sicher ängstlich machen müssen. Haben sich solche Rathgeber ja auch bei mir eingefunden in Rücksicht auf sie. Man muß ihre und meine Verhältnisse so genau und in allen ihren hundertfältigen Beziehungen kennen, als Sie es thun, muß wissen, wie isolirt und verloren wir Beide standen und getrennt wieder stehen würden, man muß unsere achtzehnmonatliche genaue und innige Freundschaft kennen, man muß dies Alles genau wissen, um unser Verhältniß ganz würdigen zu können. [...]

Ich werde Minna nie freiwillig und aus Gründen, die in mir selbst liegen könnten, verlassen. Ich kann es nicht, und ich würde es für ein Verbrechen halten, wenn ich es wollen könnte. Aber ich werde sie verlassen, sobald sie es wünscht, und gehe ich darüber auch, wie ich voraussehe, ganz zu Grunde. Dies habe ich ihr auch mehrmalen in schweren Momenten gesagt! Sie hat bisher immer erklärt, daß sie ihr Leben dem meinigen unzertrennlich anschließen werde. Wenn das ihre Gesinnung bleibt, so glaube ich, daß Alles wohl und gut enden werde und enden könne. Voneinander getrennt, glaube ich aber, daß sie wie ich moralisch und bürgerlich werden zu Grunde gehen. [...]

Noch gereicht mir sehr zur Beruhigung, daß ich auch bei aller meiner innigen Liebe, ja Anbetung für sie mich dennoch lange, wie Sie es selbst wissen, sehr lange gesträubt habe, ehe ich zu einer Verbindung mich entschlossen habe, und daß die Initiativen dazu nicht von mir, sondern von ihr selbst ausgegangen sind. Auch hat sie das Verhältniß meiner Handlung im ganzen gekannt wie es ist.

Zitierhinweis

Von Friedrich Arnold Brockhaus an Friedrich Bornträger. Altenburg, 14. Oktober 1810, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0935


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Textgrundlage

D: Brockhaus, Leben 1, S. 198–199 (unvollständig).