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Ich habe Ihnen letzthin viel über meine und Minna's Verhältnisse geschrieben. Sie haben sich wieder enger als je geknüpft, und sobald die bürgerlichen Schwierigkeiten besiegt sind, werden wir heirathen. Seit acht Tagen leidet sie erstaunlich an Krämpfen, ist seit heute etwas wohler, aber noch unendlich krank und schwach.

Uebrigens sind wir sehr geneigt, wenn Alles erträglich geht, uns hier zu fixiren. Altenburg ist ein Ort von circa 10-12000 Einwohnern, wo sich die Langeweile der ganz kleinen Städte nicht findet und wirklich ein sehr angenehmer Ton herrscht. Es gibt höchst interessante Cirkel, und Minna, die in mehrern Jahren in Leipzig beinahe keinen Menschen mehr sah, ist wie in einer neuen Welt, wo sie durch ihre Talente und ihren Geist sehr geschätzt ist. Das Reichenbach'sche Haus, mit Reichenbach's zwei höchst interessanten verheiratheten Schwestern, einer Madame Hoffmann und Madame Pierer, und das von Ludwig, der einen Engel an Weib und reich an Talenten zur Frau hat, bilden den Centralpunkt der bessern gesellschaftlichen Cirkel, worin Minna auch aufgenommen ist und ich es bin, wie ich es wollen werde. Man kann mit 1000 Thlr. hier ein ganz anständiges Haus machen und wird nicht blos, wie in Amsterdam und in Leipzig, nach dem, was man mit Geld wiegt, gewogen. Ueberhaupt ist das Land von allen Kriegsverheerungen beinahe ganz verschont geblieben und ist unter der sanften Gothaischen Regierung wol noch eins der glücklichsten Ländchen, die es in dem jetzigen Sturme aller Verwirrung geben mag.

Zitierhinweis

Von Friedrich Arnold Brockhaus an Friedrich Bornträger. Altenburg, 10. November 1810, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0937


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Textgrundlage

D: Brockhaus, Leben 1, S. 199–200 (unvollständig).


Korrespondenz

Zur Datierung: Wie aus dem Folgebrief von Brockhaus an Bornträger hervorgeht, wurde der Brief in der Zeitspann vom 9. bis 11. November abgefasst.