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Coburg den 22ten Dec.
1811

Damit Du mein bester Wagner nicht zürnest über mein langes Schweigen, so sende ich einen Fürbitter für mich, lieber, freylich, wäre es mir könnte ich selbst zu Dir kommen und Dich herzen und lieb haben, aber das soll nun einmal nicht seyn und ich kann dieses Glück nur vom künftigen Jahre erwarten, was hoffentlich beßer für mich seyn wird als dieses nemlich. Daß ich Deinen theuren Brief so lange unbeantwortet ließ ist mir wirklich unbegreiflich da ich sonst nicht Ruhe noch Rast habe bis sich mein Dank Dir jedesmal für die unaussprechliche Freude die jeder Deiner Briefe mir gewährt, ausge- |2 sprochen hat. Ich war als ich Deine letzten Zeilen erhielt noch einmal ziemlich krank, und darüber in einer solch unglücklichen Stimmung daß ich es für beßer hielt schriftlich und mündlich gegen alle meine Freunde zu schweigen und nur dem lieben Gott mein Leid zu klagen der allein wußte wie ich litt und deßen ewige Gnade mich allein retten konnte; so wurde meine Antwort verschoben, und Dir wird es bekannt seyn wie es geht wenn man etwas verschiebt.

Wie sehne ich mich einmal bey Dir zu seyn, ich bedarf Deiner Freundschaft so sehr, so sehr – ach und daß ich so gar nicht mehr ein vertrautes Wort zu Dir sprechen soll bekümmert mich tief, wärst Du hier, es wäre weit beßer. Antonie ist wieder bey euch, wohl |3 Dir mein Freund daß wieder ein Wesen in Deiner Nähe athmet da ß s Dich versteht, das Dir gleich fühlt. Als ich krank war, war ich recht gut, frey von jedem strafbaren Gefühl, mit meiner Gesundheit aber ist auch so mancher Fehler wieder gekehrt und so kommt es denn auch daß ich Antonien beneide. Grüße sie schön von mir.

Bergner wird Dir alles erzählen was ich Dir schreiben könnte, frage ihm nur alles aus denn er ist zuweilen ein wenig einsylbig, so scheint es mir wenigstens immer wenn er von Meiningen zurück kommt, habe ihn recht lieb und trag ihm recht viel an mich auf, kannst Du ihm 2 Zeilen von Deiner Hand mit geben so wirst Du mehr noch gelobt als — — einer der recht gelobt wird. Lebe recht wohl |4 und denke mit Liebe an mich.

Deine

treue Caroline

Zitierhinweis

Von Caroline Bergner an Johann Ernst Wagner. Coburg, 22. Dezember 1811, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0973


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Textgrundlage

H: ehemals Sammlung König,
1 Dbl. 8°, 3⅛ S. Auf S. 4 Adr.: An | Herrn CabinnetsSecretair Wagner. Siegelreste.


Korrespondenz

Zur Datierung: Monat schwer lesbar, aus dem Inhalt geht hervor, dass der Brief kurz vor dem Jahreswechsel abgefasst sein muss.