Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
Meiningen den 13ten Janua 1812.

Mein verehrungswürdiger
gnädiger Herr!

In langer Zeit habe ich über nichts so eine herzliche Freude gehabt, als über den freundlich gesagten Vorwurf daß ich Sie gar nicht grüßen ließe, ich sah daraus daß Sie sich sich meiner noch erinnerten. Es fiel mir gar nicht ein Ihnen etwas sagen zu lassen, aber es war mir immer als stände der Freund meines Vaters vor mir und hörte es wie ich Ihm danken wollte, aber keine Worte zu finden wüßte, für die treue Liebe und innige Theilnahme an meinem geliebten Vater, die sich in den schönen Briefen an meine Brüder , aussprach.

Leider können wir noch immer nicht sagen daß es besser gienge; Dr. Jahn hält es sogar für unnöthig ihm Arzney zu geben, aber aller Anstrengung des guten Herrn Marschall ist es noch nicht gelungen die Wunde nur zu reinigen, doch wird es mit Gottes Hülfe wohl doch noch werden. Könnte der Vater nur erst das Bett verlassen, daran verhindert ihn aber die große Schwäche und der Geschwulst an den Beinen.

|2 Wenn die Schmerzen nachlassen ist er immer sehr heiter, und dann läßt er sich zuweilen einen Brief von seinen Freunden vorlesen, den Brief von Ihnen mein gnädiger Herr hat er mit tiefer Rührung gelesen und den Brüdern aufgetragen Sie herzlich zu grüßen.

Wenn unser ganzes Leben aus Dankbarkeit bestände, so könnten wir doch der Engelguten Antonie nicht vergelten was sie an uns gethan hat, wie treulich sie uns beygestanden hat. Seit ohngefähr vier Wochen hat sie aber selbst viel Plage. Die kleine Caroline Fischer die sie bey sich hat ist krank, und wenn sie glaubt in einigen Tagen das Kind hinaus führen zu können, ist wieder etwas neues da, und so geht's immer fort. Dabey greift sie selbst sich sehr an, worüber sie heftige Kopfschmerzen oder Husten bekommt.

Bisher schrieb ich Ihnen, Gott weiß wie ungern, lauter unangenehmes, vielleicht freut es Sie zu hören daß meine Brüder fortfahren Fortschritte im Zeichnen und Malen machen; Anton setzt jetzt die Raphaelische Madonna della Sedia in Pastell und es geräth recht gut, dabey Copirt er die Königinn von Preußen für die Frau Herzogin und der Maler Schröder ist mit dem Bilde zufrieden; auch Karl bessert sich jetzt besonders im Erfinden der Landschaften, und malt gut in Oel; es ist nur schade daß er so ganz ohne Unterricht ist.

|3| Meine Mutter und Geschwister empfehlen sich Ihnen unterthänigst.

Ew. Hochwohlgeboren

unterthänigste
Louise Wagner.

Zitierhinweis

Von Louise Wagner an Christian Freiherr Truchseß von Wetzhausen. Meiningen, 13. Januar 1812, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0977


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: Baumbachhaus Meiningen, IN XIV-3/6544
1 Dbl. 4°, 2¼ S. Auf S. 4 Adr.: Sr. | Des Herrn Major von Truchseß | Hochwohlgeboren | zu | Bettenburg. | bey | Oberlauringen. Siegelausrisse in S. 3/4.


Korrespondenz

B: Von Christian Freiherr Truchseß von Wetzhausen an Carl und Anton Wagner. Bettenburg, 2. Januar 1812