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Ew. Wohlgeb. gütigen Antrag , hinsichtlich eines historischen Berichts über die sämmtlichen Frauen Vereine, in unserem Vaterlande, muß ich von mir ablegen, da ich nur auf sehr schwierige Weise, zu den Materialien über diesen Gegenstand, gelangen könnte. Eine Korrespondenz, deren Resultat immer noch ungewiß bliebe – die Herbeischaffung der Statuten, jedes einzelnen Vereins – die Möglichkeit, Hauptsachen zu übersehen, und auf Nebenumstände unnötigen Fleiß zu verwenden, – alles dieses sind Hinderniße für mich von Bedeutung, welche andre Schriftstellerin, wahrscheinlich glücklicher beseitigen möchte! Es giebt deren ja Mehrere, die selbst Mitglieder, und wohl gar Begründerinnen solcher Vereine waren – deren Wohnort dem Schauplatz, den Unruhen jener kämperischen welche solche Richtungen zuerst nothig machten näher lag, als der Meinige – zu jeder Zeit meines Lebens!

Unter solchen Frauen, nenn ich Ihnen die Frau Helmina von Chézy, die sie sich ja völlig im Mittelpunkt solches Treibens befunden hat, auch mit den nahmhaften Frauen, die ihre Thätigkeit, ähnlichen Stiftungen widmeten, als die Prinzeßin Wilhelm von Preußen u.s.w. persönlich bekannt ist. Sie werden daher sehr wohl thun, für Ihren Zweck |2 Frau von Chezy statt mich an meiner Statt zu wählen !

Ich wünsche gar sehr, durch meine abschlägige Antwort, kein Mistrauen bei Ihnen über meinen guten Willen zu erregen! Zum Beweise, daß ich mit Vergnügen, eine Verbindung mit Ihnen eingehe, schlage ich Ihnen vor, [...] eine andre Schrift von mir in Verlag zu nehmen, an welcher ganz unfehlbar Jean Paul Richter, wie früherhin an jeder meiner Unternehmungen, persönlich Theil nehmen würde.

Wollen Sie daher eine von mir veranstaltete Sammlung geistreicher historis Darstellungen aus dem Felde der [...] – sie bestehen nun in Gemälden, aus der alten, oder Geschichten des Mittelalters, oder in eignen freien Charakter Zeichnungen, worinn eigentlich das Fach meiner Schriftsteller Gabe, hauptsächlich besteht – abwechselnd mit humoristischen oder philosophirenden Aufsätzen, wie etwa Jean Paul, und andre seines Geistes sie liefern, in Verlag nehmen, und etwa in der nächsten Ostermeße, dem Publikum, unter einem beliebigen Titel, dieses Werk als ein fortlaufendes, jedoch in zwanglosen Heften erscheinendes Buch ankündigen, so werde ich Ihnen zu beweisen suchen, daß ich gern und mit Leichtigkeit arbeite, wenn der Gegenstand, meinem Geschmack wie meinen Verhältnißen angemeßen ist. Die Mitarbeiter auf welche ich rechnen darf, würde ich Ihnen nennen, so bald Sie sich für mein Vorhaben entschieden hätten.

Haben Sie die Güte, mir auf diesen Brief bald zu antworten, und überzeugen Sie sich von der Ergebenheit, mit der ich mich nenne

Ew. Wohlgeb.
aufrichtig verbleibende J.C.W. Uthe Spazier
geb. Mayer

Zitierhinweis

Von Minna Uthe-Spazier an Johann Leonhard Schrag. Dresden, 10. Januar 1821, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1005


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Textgrundlage

H: BSB, Schragiana I
1 Bl. 4°, 2 S.


Korrespondenz

Auf S. 2 Präsentat: Spatzier in Dresden. | 10 Jan. 1821.