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Meiningen den 6n Jan. 1806.

Mein theurer, verehrtester Freund! Aus dem Scharlachfiebersturm hat Gott meine Kinder für dießmal glücklich gerettet. Mein eignes Übel ist zwar nicht eigentlich besser, doch leichter, und ich fange wieder an zu leben, nachdem ich viel ausgestanden habe. Aber auch Sie, und o barmherziger Weltenregierer, wer hat denn nicht bisher ausgestanden! Wir armen Menschen unsers armen Vaterlandes! Und doch sey die Vorsehung gelobt, daß wir nur jetzt, wie es scheint, zum abermaligen Handel reif sind! Daß der Mord den Rachen schließt! – Haben Sie schon eine fürchterlichere Zeit gekannt?

Mein Büchlein hat mir gar sehr gefallen! Es ist so schön gedruckt, so weiß und zart, und so richig – nehmen Sie meinen innigsten Dank für Ihre Freundschaft und Sorgfalt! Gut ist es, daß wir es bis zur OMesse sparten – dort soll es doch vielleicht eher bemerkt und besser aufgenommen werden. Ich wünschte sehr, den Schluß des ersten Bandes zu erhalten. Sie dürfen sich darauf verlassen, daß ich diesen nicht aus meiner Hand gebe bis zur Ausgabe in der Messe. Ich habe Ihnen doch die wenigen Druckfehler in der letztern Lieferung auch übersandt? – Nun wünschte ich von Ihnen zu erfahren, welches etwa der äusserste Termin ist, in dem das MSC. zum 2ten Bande gewiß in Ihren Händen seyn muß, (denn es ist noch immer nicht ganz geendigt) um noch in der OMesse gedruckt erscheinen zu können. Ach, vor einigen Wochen glaubte ich, ich könnte nie wieder Laune für die komische Kunst fassen – eins meiner Kinder lag drey Tage lang in beständigem Sterben – doch stille! Ach, wie oft habe ich an Sie gedacht, und um Heil für Sie und Ihre theuren Kleinen gebetet!

Von den letzten drey Heften Ihres Journals macht man hier viel Wesens, und Sie können denken, daß es mich freut. Sobald die Maler fort nach Baireuth zu Richtern sind , mache ich auch einen Aufsatz dazu – ich habe ihn schon – es giebt vermuthlich ein Mährchen – aber zagen Sie nicht – es giebt kein Tiek-Bernhardi-Schlegel-brentanisch-farbenschillerndes Mährchen, sondern eins, wie Sie es brauchen können.

An J. G. Cotta mag ich nicht wegen meiner humoristischen Brief schreiben, weil ich mich vor einem Refus fürchte, und er nicht unter die Höflichsten gehören soll. Ich will lieber Richtern bitten, mir einen Berliner zu verschaffen , die er genau kennt, aber damit noch warten bis der Friede gewiß ist.

Leben Sie wohl – wohl, mein gütiger Freund, und antworten Sie bald

Ihrem

ewig treuen
JEWagner

Aber, mein Gott, Sie versprachen mir ja, die ersten 5 Cahiers des MSC. sollten zu 10 Bogen reichen, und doch schliessen dieselben schon S. 111. mit noch nicht 7 Bogen? Erläutern Sie mir das doch.

Zitierhinweis

Von Johann Ernst Wagner an Georg Joachim Göschen. Meiningen, 6. Januar 1806, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1046


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Textgrundlage

H: SBB, Slg. Autogr.: Wagner, Johann Ernst, Bl. 3
1 Bl. 4°, 1 S.


Korrespondenz

Auf S. 2 aoR mittig Präsentat: Meiningen d 6ten Jan 1806 | Wagner