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Nach dem langen Schweigen unter uns theure Henriette, musten Deine liebevollen Briefe auf Richter und mich den stärksten Eindruck machen. Zwar bedarf bei solchen Seelen wie die Deine es keiner erneuerten Bestätigung, aber dennoch, da man mit jedem Jahre ärmer an ächten treuen Menschen wird tröstet eine Ton aus der Ferne, unendlich das verarmende Herz. Ich hatte gerade in den Tagen die Nachricht bekommen daß Nannette Genz geb. Hainchelin gestorben war , und da Sie und eine Schwester mir Eines waren so kannst Du denken, was ich empfand.

Von diesen Jugendverhältnissen ist nun schon so vieles abgerissen, daß ich bald nur die Erinnrung davon übrig haben werde. Uberhaupt wurde ich durch meine Verbindung wie in eine neue obwohl schöne Welt verpflanzt – aber außer dem Einzigen woran ich ewig mit der selben Gluth hänge – ist alles Neue das ich seit einigen Jahren fand, so locker und gemüthlos – und allmälig verdorrt daran das eigne Gemüth. Nur die neue aufsproßende Welt um einem her in den Kindern belebt |2 die scheinbare erkaltete Lava – nur die Erinnrung wacht – aber das Lachen der Freude vergeht – nur Thränen der Freude kennt man n ur och .

Aber daß es Euch allen so wohl gehet! Daß Du eine geliebte Schwester täglich siehest und alles Schöne und Schmerzliche mit ihr theilst – o welche Seeligkeit – wie freue ich mich daß Du Sie uns zuführen willst! Es ist ein herlicher Gedanke – Dein Reiseplan

N. S. Gott weiß, wann meine Frau dieß Obiges geschrieben (gelesen hab' ichs nicht) Nur aber, da diese Briefe heute durchaus fort sollen und sie heute große Wäsche und fünf Damen u. einen preuß. Offizier unten in der Stube hat: so kann Sie es nicht vollenden. Das herrliche Nebenblatt, worauf sie noch schreiben wollte, hab' ich aus Geitz abgeschnitten.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter und Jean Paul an Unbekannt. Bayreuth, nach dem 12. Januar 1808. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1058


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Textgrundlage

H: GSA, 20/181
1 Bl. 8°, 2 S. 1½ S. von Caroline Richter, ½ S. von Jean Paul.


Korrespondenz

Zum Empfänger: Die mit Henriette angesprochene Adressatin gehörte zu Caroline Richters Berliner Freundeskreis. Zur Datierung: Caroline hatte aus dem vom 9. bis 12. Januar 1808 abgefassten Brief ihres Vaters vom Tod der Nanette Gentz erfahren.