Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
Meiningen den 5ten Nov. 1809

Zuerst, verehrter Freund, meinen innigsten Dank für Ihren neulichen lieben Brief ! Den gütigen Wink der Fr. v. Sch. habe ich sogleich befolgt und dieser edlen Frau selbst dafür gedankt , auch ein Schreiben an IKH. die Großfürstin beygelegt . – Sie können Sich Selbst am besten denken, wie innig mich diese Großmuth rührte. Wir sind (wenigstens seit meiner Schriftstellerzeit) überall nur Kälte zu finden gewohnt – das Gerücht von grossen, guten edlen pp Seelen fährt zwar noch immer wie ein Schall in der wüsten Welt herum; jedoch, sobald wir es bey'm Wort nehmen wollen, verklingt es in der Ferne – desto herrlicher rührt dann einmal (mich z. E zum erstenmal!) das warme schönblitzende Frühlingsgewitter der Wirklichkeit ein dankbares Herz, das Kinder, und nichts weiter zu hinterlassen hat als einen wohlbewahrten ehrlichen Namen und – höchstens, Gott gebe! – keine Schulden!

Dennoch – und das ist der 2te Punkt, warum ich schreibe – ist mir, als hätte ich, der Kindlein ungeachtet, kein recht gutes Gewissen unter dem Druck dieser goldnen Dose ; und, als gehörte diese eigentlich unserm guten, guten G. Keßler! – Doch ruhig! Er lebt ja in seiner vollen Kraft – und ich – muß nun bald scheiden, lieber Freund; denn leider hat eine letzte Arzney – des guten seeligen Herders Phosphorsäure – auch das Ziel ihrer Würkung endlich erreicht, und – lässt nach. Der Herbst hat mich viel weiter gebracht; und da er doch nun überstanden scheint, so halte ich vielleicht noch den Winter, schwerlich aber die Würzlüfte des Frühlings aus. Wie Gott will! – Könnten Sie mir doch (und dann werden Sie gewiß wollen!) nur mit 2 Zeilen die frohe Nachricht geben, daß sein MSC. untergebracht, und ihm geholfen ist . Geht es gar nicht, so will ich dann nochmals Cotta'n ernstlich beschwören, oder hier sonst meine gesammten Kräfte zur Hülfe des wahrhaft Edlen aufbieten. Sagen Sie es mir bald, guter Mann!

Endlich noch – zürnen Sie nicht – die Bitte, anliegende Sünden meines Herrn Verlegers gütigst bey Gelegenheit an die Behörden abgeben zu lassen! Es sind leider nicht weniger als acht Gänge für Ihren Diener. (Sonst besorgten meine Verleger diese Weimarschen Gönner und Freunde immer von Leipzig aus – und ich hoffe, richtig. – Aber der F. Miller ist ausser der Messe erschienen und versandt worden,) Gebieten Sie auch wieder über mich, Bester, in allem was ich vermag! Aber verzeihen Sie

Ihrem JEWagner

Heims und Reinwalds grüssen herzlich.

O Gott, der arme, herrliche Wollzogen – und das arme herrliche Weib!

Zitierhinweis

Von Johann Ernst Wagner an Bernhard Rudolf Abeken. Meiningen, 5. November 1809, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1081


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: BSB, Neue Autographensammlung, Neue Autogr.
1 Dbl. 4°, 1 S.