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Bayreuth, 1ter Mart. 2

Nie werd' ich Dir, m. Thieriot, etwas zu verzeihen haben, so wenig oder so nichts, wie ich Dir zu verzeihen habe.

Du schweigst nur, Deine Liebe gewiß nicht und auch Dir kommt Dein Schweigen so lange wie ein Vergehen vor; also auch Du schweigst ja nicht.

An keinem Tag im Jahr hättest Du mir mit Deiner Hand so viel als gerade an dem ich sie in die meinige bekam, geben können.

Nahmst Du mir auch mit der Nachricht, daß Dir Dein Vater genommen wurde , viel: so gabst Du mir durch jene, daß Du ihm und mir in diesem Monath gegeben wurdest , noch mehr.

Vor 10en Jahren verlor ich |2 in diesem Monath wenigstens 2/3 meines guten Ichs und in ihm vor 2 Jahren meinen ewig theuern Schaeffer , der auch Dich jetzt recht lieb, so wie mich haben würde.

Grüsse mir, ich bitte Dich, küsse mir Deine Schwestern und sag's ihnen, daß ich sie grüsse und daß ich sie küsse die Traurigen.

Ich mach's nicht wie Du, ohne Umstände schweige ich und ohne sie rede ich: hat Dir Dein Vater zeitliche Güter oder so elendes Zeug, was die armen Menschen Vermögen nennen, verlassen?

Es ist – ich muß doch eine Entschuldigung hersetzen – denn Du könntest mich doch vielleicht noch nicht gut genug |3 kennen – es ist das erste mal, daß ich diese Frage in meinem Leben schreiben muß.

Antworte mir bald darauf, Thieriot.

Godwi hab' ich mir gekauft, ich werd' ihn, so bald ich ihn v. Buchbinder habe, lesen, für Dich und mich.

Ein Mann muß Männer lieben können, sonst weiß er nicht was Lieben noch Liebe ist.

Ein Mann der nur Weiber liebt, liebt weder sie, Männer, noch Menschen, noch sich.

Leichter ist's Männer, als Weiber zu lieben.

Wenn es angieng, so sollten wir die Männer weiblich und die Weiber männlich lieben.

Am 21ten dieses ist uns. Richters |4 Geburtstag , den ich recht gerne bei und mit ihm feyern möchte.

Ich will recht fleißig seyn, um mir diese Freude, wenn es möglich ist, zu machen.

Sagen Sie mir geschwind, ob auch Sie so bald dahin kommen können.

Können Sie mir nicht sagen, wie und mit was man / ich dem alten Weissen und dadurch sich / mir selbst eine Freude machen kann?

Das wichtigste, das ich Dir zu sagen habe, muß ich heute nicht sagen; aber ich sag's.

Grüsse mir den krankgewesenen Weißen mit seiner Tochter und bleibe mir mit weiblicher Liebe,

Deinem treuen Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 1. März 1802, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1241


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 243
1 Dbl. 8°, 4 S. Über dem Brief von Thieriots Hand: 1 unleserl. Wort, danach: antw. auf 18. Febr. | beantw. 6ten März.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Bl., 2 S.

D: Abend-Zeitung, Nr. 3, 4. Januar 1843, Sp. 19 (stark gekürzt).


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Leipzig, 18. und 19. Februar 1802, Donnerstag und Freitag
A: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Leipzig, 6. März 1802, Sonnabend