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B. 17 Sept. 5

Gute Caroline! Der erste Posttag, den mir die Freundin u ihre Pflegetochter wieder frei geben, sei der Freundin geweihet.

Am 13t Aug. schon ging ich mit Uhlf. nach Regensburg, weil uns unsre Freunde daselbst schrieben sie könnten in diesem Jahr durchaus nicht zu uns – wir sollten also zu ihnen kommen. Als wir zu ihnen kamen, hatten sie gepackt um zu uns zu kommen. Jettens Mann mußte in Aufträgen nach Nürn- u Bambg p u Cassel – wo er wirklich jetzt ist – u ersuchte unterdessen seine Frau, um sie so viel wie möglich auf zu heitern (sie haben ihr erstes Kind verloren u sie einen Theil ihrer Ruhe) ihn bis nach Bambg zu begleiten u v. dort aus mit ihrem 4 Monate alten Sohn u der Silli Uhlf. hierher zu gehen.

Wir blieben nun doch 7 Tage bei ihnen u traten an einem u demselben Nachmittag unsre Abreise, sie n. Nürn u Bbrg u wir voraus nach Hause an, nachdem wir sehr vergnügt auf dem Lande – wo sie im Sommer wohnen – mit ihnen lebten. Drei Tage später kamen also unsre Regensburger uns hier nach, blieben 3 Wochen bei uns u vergangnen Sonntg gingen sie wieder nach Hause. Dem Ansehen nach war der hiesige Aufenthalt der edlen Mutter recht nützlich u ich hoffe, daß ihr Schmerz nie wieder so stark zurückkommen wird, als er war. Wir waren sehr vergnügt, unterhielten uns v. unsrer C. Goldschm. oefter als je v. einem der Unsrigen u ich kann ihnen u darf Ihnen sagen, daß sie vielleicht kein Menschenwesen noch mehr lieben u achten kann als Jette Braun.

Und Jette Brauns Liebe u Achtung ist viel werth u dieserwegen freut es mich rein u innigst, daß sie sie sie liebet u achtet.

Noch erwart' ich v. meiner Rgg. die Erlaubniß zu meiner Geschäftsreise gute C., mit Ruhe; werden sie nicht unruhig – auch dann nicht, wenn ich Ihnen sage, daß ich in diesem Jahr nicht mehr reisen kann.

Schon das Verschweigen Ihrer Liebe, gute Car., macht mich stolz u eitel; ab. was meinem Stolz u meiner Eitelkeit Grenzen setzt, ist das Bewußtseyen, daß ich die Liebe edler Menschen nur begrenzt, nur eingeschränkt verdiene.

So viel ich mir v. jeder reinen Liebe anmaßen darf, so viel erwieder' ich auch, reine C., mit vielem Dank.

|2 "Da hätt' ich viel zu thun, sagt' ich Jetten, wenn ich alles was ich liebe – wie's die C. verlangt, grüssen wollte"

"Doch noch mehr sagte ich sie darauf, wenn sie alles grüssen wollte, was sie liebet"

Ich kann nicht in meiner eignen Sache Richter seyen, ab. ich habe einen so großen Schatz v. Liebe in mir, daß ich glaube alle meine Schulden hier abtragen zu können u doch noch einen unendlichen Theil, hier unbenutzt u unbefriediget, mit in den Himmel nehmen, um dort guten Gebrauch dav. machen zu können.

Dort hoff' ich eigentlich erst recht lieben zu können – denn hier komm' ich sehr oft zur unrechten Zeit – entw mit meiner Liebe, entweder zu frühe oder zu spat; oft hab' ich das Herz nicht zu lieben, oft das Herz nicht meine Liebe zu äusern u oft lieb' ich nicht recht – wie ich lieben sollte; aber ich hoffe u glaube auch, daß es einst, wenn ich nichts mehr bin, als ein Wesen voll reiner Liebe unter Wesen voll reiner Liebe, daß es dann mit mir nicht nur besser – gut gehen wird. Werden Sie Liebe genug haben, diese Erklärung meiner verwirrten Liebe – die ab. keine verirrte ist – mit Nachsicht aufzunehmen?

Ihre Schilderungen der H. u der K. fand ich so gut daß ich sie meinem Richter nur ihm lesen lassen mußte. Als er mir Ihren Brief zurück schickte, schrieb er auf das Kuvert: "v. der scharfsehenden u mithin mit mir eingläubigen G."

Er freut sich dieser Zeichnungen so sehr, daß er wünschte, mit Verschweigung Ihres Namens, Gebrauch dav. machen zu können, wider Jacobi. Ich habe ihm aber keine Hofnung zu Ihrer Einwilligung gemacht. Zu Ihrem Unternehmen wünsch' ich Ihnen Glück u Segen, gute, fleißige Caroline. Beiliegend empfangen S. 12 Thl für 4 abgesetzte Exemplare . V. d. Kalb hab' ich einen Brief gehabt auch v. Pik , der wieder 100 rth v. Hardenberg bekommen hat. Ihr Mittelstand ist auch der meinige u, für mich, mein höchster. Thieriot bleibt bis im Nov. in Offenbach, dann geht er wahrscheinlich n. Lpzg. M. Uhlf. u seine Kinder grüssen S. herzlich gute C..

Ich bin heute nicht ganz wie ich gerne seyen möchte, Car. Sagen S. bald wie u wo Sie leben Ihrem ewigen Freund

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 17. September 1805, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1269


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 4°, 2 S. Auf der Rückseite von S. 1 B von Caroline Goldschmidts Hand.


Korrespondenz

B: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel Osmund. Dresden, 27. August 1805

Die Briefabschrift befindet sich auf der Rückseite von B.