Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 5. April 1806, Sonnabend

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b. 5. Apr. 1806

Meine gute Car.! Am ersten dieß kam ich v. meinem Gute nach Hause u fand Ihren lieben Brief v. 28t Febr. erst, der an demselben Tag angekommen war, zugleich mit Ihrem lieben v. 25t Mart .

Für beide dank' ich Ihnen herzlich u besonders f. die mühsame Abschrift der humboldischen Rede , die ich noch nicht lesen konnte. Car., ich erkenne diesen Beweis Ihrer Güte, den S. mir durch diese Selbstabschrift gegeben haben ganz; ab. geben S. mir keinen ähnlichen mehr; ich bitte S. darum!

Als ich Ihnen meine Freude über Ihre Zurückkunft in Berlin schrieb, dacht' ich weder |2 an die Schwester noch an die Kinderfreundin, sondern nur an die Künstlerin.

Meine Beschäftiggen vermehren sich, was mich um so mehr freut, weil ich bald meinen Israel mit Antheil nehmen lassen kann.

Eigentlich arbeit' ich am liebsten – nach den höchsten moralischen Prinzipien – blos der Arbeit, sonst keines Lohnes oder Verdienstes wegen am liebsten; ab. so bald man die Gefahr des Verlustes bei einem Geschäfte übernimmt, dann muß man auch den Reitz des Vortheils genießen u haben.

Ich habe leider! einen Grund mehr auf Vortheil bei meinen Geschäften zu sehen, weil man mich f. zu gut u zu reich d. h. f. mehr gut u mehr reich hält, als ich beides nicht bin und auch nur das erstere sein möchte.

Nach / Zu meinen eignen Bedürfnißen habe ich Vermögen genug, selbst um |3 meinen Menschen bisweilen eine kleine Freude zu machen, selbst dieses – mein größtes und erstes Bedürfniß zu befriedigen, selbst dazu wär' ich reich genug; ab. die beständigen Verlangendie Zumuthungen meiner – oft nur so genannten Freunde, oft nur die Freunde meiner Freunde zu erfüllen, dazu braucht' ich weit u viel mehr Reichthum, als ich mir zu besitzen wünsche.

So viel kann ich doch nie besitzen, als ich weg zu geben mir stets wünschen würde; zu was soll ich mir also mehr wünschen – als ich jetzt habe u brauche?

Ich unternahm einige Jahre kein wichtiges Geschäft, weil ich außer vielen andern Ursachen auch noch die hatte ruhiger und eingezogener leben zu können – zu wollen.

Aber "der Mann muß sehr reich seyn, er lebt v. seinem Gelde" sagen die Menschen u vermehren ihre Wünsche in eben den großen Schritten, als des Mannes Vermögen abnehmen muß.

|4 Der Man arbeitet nun wieder u zwar als ein ehrlicher, damit er einer bleiben kann.

Ihnen darf ich dieses u dürft' ich mündlich noch viel mehr sagen; aber der Fr. v. Kalb sagen Sie blos, daß es mir recht leid thät, Ihr ihr das Geld nicht verschaffen zu können . Lieber wollt' ich ihr selbst dieses sagen, als es Ihnen ihr sagen lassen.

Thieriot war 4 Wochen b. mir u ist jetzt in Weimar. Nach den Feyertagen geh' ich wieder auf die Arbeit. Piks Briefe gefallen mir nicht. Schriftlich verlang' ich doch mehr als mündlich. Wollen Sie mir ihn grüssen? Jette u Thieriot grüssen Sie. M. u m. Bruder grüssen Sie herzlich, doch dankt Ihnen u grüßt Sie kein Mensch noch inniger u noch herzlicher u noch reiner, als

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 5. April 1806, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1274


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.