Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 30. Dezember 1806, Dienstag

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B. 30 Dec. 1806.

Gute Car.! Ihre lieben Worte aus Berlin v. 22 Nov. hab' ich nicht erwartet; ab. eine Antw. auf meinen Brief n. Hamburg an Sie am 7 Nov. unter Addresse Ihres Bruders geschrieben. Sollten Sie diesen noch immer nicht haben? Keine Nachrichten v. den Unsrigen sind jetzt wirklich die übelsten nicht. Wüßte man jetzt seine Freunde alle gesund und wohl – man sollte sonst nichts v. ihnen wissen wollen. Und schon das Wohlseyn ist jetzt zu viel verlangt. Doch kann ich Ihnen Eine gute Nachricht, die einen meiner Freunde betrift geben.

In meinem obengedachten Brief sagt' ich Ihnen, daß ich um meinen Frd. Otto, der Reg.Qmstr ist, sehr besorgt bin, weil wir gar nichts v. ihm wußten. Am 8ten dieß erhielten wir endlich Nachricht v. ihm selbst, daß er gesund in Königsberg sei.

Er liebte seine Stelle nicht, natürlich in der jetzigen Lage noch weniger, u trachtete immer sie weg zu schaffen besonders da er wieder in Feld sollte. Gestern bekam seine Frau einen Brief v. ihm, daß er Secretair beim Pr. Wilhelm v. Preußen geworden wäre . Er verdient einen viel höhern Posten, den er hoff' ich auch bekommen wird; aber vor der Hand bin ich froh, daß er nur v. Militair weg ist.

Bekommen wir einen baldigen Frieden: so werden Sie den Otto u in ihm einen guten Menschen kennen lernen.

Ich komme um den Umgang eines edlen Menschen, der mir natürlich nützlich war; man muß sich aber in so vieles zu schicken wissen u ich in meinen größten Verlust, in den |2 meiner Menschen. Der Krieg wird unter den vielen Übeln, die er über uns bringt, auch das Trennen v. einander vieler Freunde v. einander verursachen. Klagen ist meine Sache nie gewesen u ist es noch nicht, denn ich finde unsre Lage besser, als die der armen Menschen, die den Krieg in ihrer Mitte haben u überhaupt immer noch Trost; ab. die Noth ist groß bei uns u man weiß nicht sie abzuhelfen.

Die starken Kontribuzionen, Anlehen, Kriegssteuern pp nehmen kein Ende u man würde Alles gerne thun – wär' es nur auf zu treiben! Armuth nimmt über Hand, da kein Arbeiter etwas verdienen kann, weil sich Alles auf das Nothwendigste einschränken muß.

Wohl dem der blos für sich zu sorgen hat, blos für Einen Magen. Aber es ist hart, wenn man so viele Familien leiden sieht u sich außer Stande, wie sonst etwas für sie thun zu können.

Sehen Sie Pick noch bis weilen? Sagen Sie mir etwas v. ihm. Gottl! daß dieß traurige Jahr morgen sein Ende erreicht hat; möchte das Neue den Menschen wieder bessere Tage sehen lassen!

Haben Sie tröstlich Nachricht v. Ihrem guten Bruder? findet er sich in seine Verlassenheit ?

Mein Uhlf. grüßt Sie, gute Car. Der Himmel gebe uns bessere Zeit u laße mir meine Freunde u Freundinen!

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 30. Dezember 1806, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1280


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Textgrundlage

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl., 2 S. Auf der Rückseite von S. 1 befindet sich B, auf der Rückseite von S. 2 die Adresse von B von Caroline Goldschmidts Hand.


Korrespondenz

B: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel. Berlin, 22. November 1806, Sonnabend
A: Von Caroline Goldschmidt an Emanuel. Berlin, 9. Januar 1807, Freitag (?)

Die Briefabschrift befindet sich auf den leeren Mittelseiten des Doppelblattes von B.