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Bayreuth, 9 Mai 1803.

Thieriot! Deine 2 ersten Leipziger Worte freuen mich sehr.

Nun hoff' ich daß Du Dich längst ausgehustet haben wirst.

Um Nichts soll uns Dein längeres Außenbleiben bringen, wenn Du ein längeres Bleiben daraus machen kannst und – willst.

Wir sind uns jetzt – da Du Alles handhabest, was aus meinen Händen in die Deinigen kommen sollte – nichts mehr schuldig – als Activa.

Es war, noch kürzlich, eine Zeit, wo ich meine Neigung zum Danken unter meine Schwächen zählen wollte; allein aus reiner Überzeugung zähl' ich sie nun mit Vergnügen unter die kleinere Zahl, unter die meiner Eigenschaften.

Ich war nämlich auf dem Weg zu glauben, daß man dankbar seyn und nicht danken müßte; allein mit diesem fängt sich mein Jenes an und endigt sich auch d a ie s "Jenes" damit.

Bei nahe hätt' ich nun – die Menschen kommen nur zu leicht v. einem auf das andere Ende – Lust zu behaupten, daß wer nicht gerne danken mag auch nicht gerne dankbar seyn mag.

Was glaubst Du, Du Danker für Alles?

|2 Auch der Coppeter Spaß ist mir recht.

Wie ist es aber höchstwahrscheinlich, daß kein Ernst aus ihm werdest, da Du keinen Augenblick säumtest auf Schlichtegroll zu zu gehen?

Hast Du Richtern geschrieben ?

Er ist mit Uhlfelder und Dir einig und sagt: "Thieriots Hofmeisterthum war mir eben so unangenehm – da er bei allen pp – als angenehm, da er ganz gewis einen sehr guten Eleven erziehen wird p p"

Wenn Du zu ihm komen wirst, soll er Dir die angenehmen und unangenehmen "p p" selbst sagen.

Manches, Vieles will ich selbst den Meinigen lieber selbst sagen, als es selbst von den Meinigen ihnen ausrichten.

So war mir der in Richters letztes Briefl. an Dich, von aus einem aeltern an mich copirte Spaß, über Dein unfrankirten Brief an ihn, viel lieber, als das Original.

Daher schreib' ich ihm einmal – ich hab' es längst thun wollen – daß mir sein hinfälliger Einfall

im Cottaischen Taschenb.
auch ein Mißfall war und unterschreib' es blos mit:Emanuel

Meinem Bayreuther Bier (das Einzige was ihn noch an Meiningen gebunden) zu folge, sagt er am 26 Apr., dürft' ich etwan in 10 oder 12 Tagen ab |3 gehen nach Coburg.

"Der ganze Mai wird köstlich, der Juny vermischt, July schlecht, August u Sept schön". "Weiter reicht kein Blik," sagt er und doch blickt er und seine Caroline schon Rechnungsmäsig auf den Dec.

Ich denke aber diese Rechnung wird eher zutreffen, als seine Wetterblicke, da ihn der Mai schon stecken läßt.

Mit Freude hol' ich Dich in Coburg ab, nachdem wir uns dort erst recht erholt haben werden.

Wenn Du nur kommen willst: so komme wann Du willst.

Ich habe mirs schon eingebildet, daß es etwas geistisches gewesen seyn mag, das der Teufel von Postmeistersohn "durch Güte" erfischt hat.

Willst Du vielleicht eine andere, als eine Mandeltorte hier, Du dort?

Seit 8 Tagen führ' ich – ich glaube müßend – ein noch einsameres Leben.

Leb wohl, mein Thieriot und mir zu lieb!

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 9. Mai 1803, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1473


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