Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 21. und 22. Juli 1803, Donnerstag und Freitag

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Bayreuth, 21 Julii 1803.

Thieriot! Dein 8telblatt v. 3t bis 8t ; Dein Viertel do v. an einem Montag ; Dein leeres Couvert mit den Nudeln und Dein zwölftelblatt v. 17t Julii , Alles hab' ich erhalten.

Beantworten konnt' ich Dir bis dato nichts, denn ich war nicht bei mir; weil Richter, Caroline, Emma und Jette daselbst waren.

Am 8ten kamen Richters.

Am 9ten wurde Mittag bei mir gehalten und Abends und Nachts im Gartenhaus b. Uhlfelder.

Am 10ten Mittag bei Ottos; Nachmittag u Abends auf der Fantasie.

Am 11ten bei mir u der ganzen Welt.

Am 12t gingen Richters u ich nach Sparnek 8 Stunden weit, um einen Bruder zu besuchen und kamen Nachts um 12 Uhr wieder nach Hause.

Von diesem Tag wird (noch lange) gesprochen.

Am 13ten Mittag b. mir u Nachmittag kam der alte General mit 4 Töchtern u 2 Schwiegersöhnen zu uns.

Am 14ten Mittag zu Hause u Nachmittag auf der Eremitage. Nachts bei mir. Nota. dav. wird gelesen

Am 15ten Mittag zu Hause; Nachmittag im Gartenhaus und Abends bei mir mit Jetten, |2 die in der Mitte der Nacht vorher ankam.

Nichts von Allem kannst Du Dir denken; am aller wenigsten diese Nacht und diesen Tag.

Am 16ten verließen mich Richters;

Am 19ten auch die Jette.

Viel genoß ich, Thieriot; aber viel fehlte mir / entbehrte ich dabei: Du! / Dich!

Die Zierla ist mit der Jette n. Regensburg.

Es wurde seliglich gelebt; viel gesprochen; viel gelacht; viel erzählt und wir waren und es war uns wohl.

Oft wurde der lautere Wunsch nach Dir laut und immer lauter und lauterer.

Dem Richter war zwar Deine empfindsame Reise auf dem Postwagen bis zum Bette in so weit recht; aber die Beschreibung derselben etwas empfindlich.

Mich hat beides gefreut.

Doch nehme Dich, um Deiner Unschuld keine Schuld aufzubürden, wirklich vor dem Beschreiben ihrer selbst in Acht.

Lach mich nicht aus, mein Thieriot, wenn ich Dir sage, ich habe doch gelacht, daß Du mich mit d m einen Makaronen angeführt hast.

|3 Ich dachte, Du hättest mir doch Makronen kaufen und schicken lassen und ich müßte in Zukunft nur einen Schreibfehler unterlassen u Makaronen beschreiben, wenn ich Makronen essen wollte.

Aber wenn Du hier seyn wirst, dann sollst Du erst lachen über den Makaronenirrthum.

Lerne sie nur ehe Du kommst kochen, sonst kann ich Dich sie nicht mitessen lassen.

Das war ein Leben; mit Richters u Jette!

Diese hat jenen sehr viel mehr, als sie ihn sonst allein gefallen und jene haben auch dieser viel mehr, als er allein sonst ihr gefallen.

Die Jette ist für mich noch immer das seltenste Weib!

Sie sprach nicht gerne mit darein, wenn ich absichtlich bisweilen das Gespräch auf Dich lenkte. –

Es scheint mir, als solltest Du, in oeconomischer Hinsicht, Deiner Geige ein Stück ge lei n spielen und mehr Lust und Ehre, als Brod von ihr erwarten.

Sollte Dir dieses m ir ein Scheinen nicht auch längst erschienen seyn?

Gerade das, was Du nicht zu sehr estimirest, das estimire ich am meisten bei Dir: Deine Zeit, Du mein Ewiger!

|4 Ja wohl, hast Du die schönste Bayreuther Zeit verpaßen müssen; aber wir wollen doch – so viel es uns möglich ist – uns hier und in Coburg, wo man uns zugleich erwartet, entschädigen.

22ten.

Richtern muß es auf seiner Reise bei mir doch nicht ganz mißfallen haben; er sagt mir heute: "Ich denke jetzt bei diesem GottesWetter sehr darauf, auch einmal aus dem Hause zu kommen u ein wenig zu verreisen – man verschimmelt ganz."

"Emma hat einen Zahn."

Nun ist mirs doch lieb, daß Du mich im Mai, Juny und Julii angeführt hast, weil ich nun die Hofnung habe, daß Du es im August nicht wieder thun w i e rdest.

Laufe über alle Deine Laufer hinweg zu uns und bekümmere Dich nicht zu sehr um das was Du zu erlaufen gedenkest.

Laß alles laufen u stehen, auch Deine Sorgen und uns nicht lange mehr sitzen, mein Thieriot.

Laß das Frauenvolk – bis auf eine einzige Männin, auch laufen, Lieber! Mann kann nicht leicht zu wenig davon haben, Liebender!

Schreib noch so oft Du kannst d. h. setze Dein Schreiben fort. Wir sind alle recht gesund und erwarten Dich mit Sehnsucht u Liebe.

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 21. und 22. Juli 1803, Donnerstag und Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1484


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: BJK, Berlin A
1 Bl. 4°, 1 S. (S. 2 des Briefes von Thieriot an Emanuel vom 11. Juli 1803, unvollst., bis "als Brod von ihr erwarten."


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Dresden, 3. und 8. Juli 1803
B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Dresden, 11. Juli 1803
B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Dresden, 17. Juli 1803
A: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Teplitz, 2. August 1803