Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. München, 28. und 29. November 1803, Montag und Dienstag

Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
München 28. Nov. 1803

Das ist aber das Satanischte (ich will mirs nachher für mich kopiren) daß man nie einen ganzen Satan habhaft werden kann auf der Welt an den man sich oder seine Luft=Hiebe adreßiren könnte – sondern daß der eigentliche Teufel unter Alle so viele Menschen so zerstükt ist, selber unter wahre Engel von Menschen – darum kann man auch zu keinem rechten Zorn kommen wie zu keiner Liebe.

Zu dieser allgem. Betrachtung kam ich durch eine sehr besondre – des Ungeschmaks s. Ungeistes in der hiesigen sonst guten Musik.


29.

Am 25. kam ich hier (im gold. Kreutz ) an, u. schon am 26. hatt' ich Briefe von Braun, (seiner ist wirklich recht hübsch) von Jette :

– "Ich war in jeder Rüksicht mit Ihrer Anwesenheit zufriedener als mit Ihrem Abschiede, Thier.Es freut mich Ihnen |2 Emanuels Brief schiken zu können, einen alten Bekannten im fremden München. Wenn Sie nach Wien reisen, sollen S Adreßen an den Fürsten Schwarzenberg haben od. wenn S lieb wollen an s. Frau, da wir Weiber die weiblichen Musen doch immer mehr lieben u schätzen als uns. Männer.

Zilly grüßt S herzlich u. bittet sich die Börse sam mit der Ouverture aus, das eine als Versprechen, das and. als Eigenthum.

Das ist e. Misverstand
Leben S wohl Th.

J."

und von einem meiner Freunde und Väter, deßen Bekanntschaft ich auf der Leipz. Michaelismeße Anno 1 gemacht und eigentlich Richtern zu verdanken habe. Er filzt mich übrigens in s. Schreiben bloß mit Milde aus.

Ich bin froh, daß Du es wieder bist, mein Emanuel.Was marterst Du mich mit dem Räthsel des Couverts ("Durch Freundin Rosalie Rosalie "?) Was heist: "Du Nochheißer!"Der Barbier-sarkasm ist schneidend genug.

|3 Bin ich denn zur Hofräthin gezogen? Bin ich denn nicht (bei allen Haaren) gezogen worden?

Ich war ja selber so klug, der Umstände wegen (nur an den "andern Umstand" dacht' ich wie gedacht nicht) nur den Anfang u. das Ende vom Karfunkel vorzulesen.Gott behüte!

Das "Emanuel" von der Jette war ja nicht zu lesen.

So hätte ich doch auch mein Wort gesprochen u replizirt. – Dir Zu erzählen hab' ich Dir noch nicht viel – Zeit, denn ich laufe den ganzen Tag unter meinen Adreßen u. neuen Table-d'hôte-Bekannten herum. Uebermorgen mieth' ich ein Zimmer ich weiß noch nicht wo. Den Prediger Schmidt sprach ich u grüßt' ihn von Dir, in einer Gesellschaft, die ihn ge bald fortzog.Zu Reinwald wart' ich erst bis mich jemand führt. Fischer ist noch nicht da. – Uebrigens fand ich noch keinen Menschen in München.

Grüße Uhlfelder, Israel und Deine "liebe" Caroline III. und ("Deine" Caroline I. kenn ich nicht, also) die "Caroline" II. und Richter.

Sey so gut u. leb wohl.

Th.

Zitierhinweis

Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. München, 28. und 29. November 1803, Montag und Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1507


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3 S. Auf S. 4: Adreße: Poste restante


Korrespondenz

B: Von Emanuel an Paul Emil Thieriot. Bayreuth, 22. November 1803
A: Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 7. Dezember 1803

Präsentat: 7t Dec. beantw.