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Bayreuth, 3ter Febr. 1805

Schreiben und danken will ich Dir heute, mein geliebter Thieriot, aber nicht antworten!

Dein letzter (ich schreibe immer lieber: iüngster) Brief verdient eine längere Antwort, als ich heute Zeit dazu habe.

Wenn ich Dir sage, daß Caroline und Richter Konzerte, Gesellschaften, Bälle

(am 4ten)

und Redouten besuchen : so brauch' ich Dir vielleicht nicht zu sagen, daß die Odilia und wir alle gesund und wohl se y i en .

Du würdest auch eine größere Freude haben, als die ganze Person ist, wenn Du sie sehen könntest; diese immer schöner und nicht gesünder möglich werdende Odilia, der nichts als einige Stiefbrüste fehlten, an de r nen sie lange säuget.

Könnt' ich D ir einer doch auch meine Brust reichen, für Deine schriftliche Folgsamkeit, die ich nicht nur hier auf dem Papier, auch in Deinem freien, uneingezäunten |2 Willen sehe!

Ich traue Dir viel Willens- und Wollenskraft und viel Lust und Liebe zur Ausübung beider zu.

Am 5ten

Guten Morgen! Eben läßt mein Bruder seinen 8 Tage alten Sohn beschneiden.

Wie heißt denn Dein beschnittener Eleve?

Mein Hamburger grüßt Dich und sagt, er käme sehr selten zu Mummsens.

Er ist gesund und will wissen wie Du bist.

Der Spazier ist also gestorben.

Die Spazier setzt die Z. f. d. e. W. fort.

Sie hat Richter um Beiträge gebeten, in einem ganz eignen Brief , der mir aber Richter nicht gefallen hat, und er hat ihr "Mittel zum Einschlafen" geschickt.

Als brauchte man sonst eines, als blos eben die Z. f. d. e. W.?

Am 6ten,

An dem Dein Lieber v. 22-30ten ankam. Du bist mir mit jeder Zeile, mit jedem Wort, mit dem Du mir in die meinigen fällst lieber und werther.

|3 Als ich Dir in meinem jüngsten nahe Reisen für den Sommer anrieth dacht' ich mir Wilhelmsbad dabei und dabei soll es auch bleiben.

Reise nicht, Thieriot!

Es freut mich nicht wenig, daß Dich Dein Bernard zu schätzen und zu halten weiß.

Um so weniger kann er Dirs verüblen, wenn Du gleich, v. Mai an, einige hundert Gulden Zulage verlangest , ohne gerade darauf zu beharren.

Wenn Du so bist, wie Du seyn kannst, dann bist Du sehr viel – und wo es nach Geldeswerth geht – so gar vieles Geldes werth.

Lieber! Das weiß ich lange, daß mein Billetwechsel mit keinem Briefwechsel verwechselt werden kann und daß selbst ein (oft starker) Wortwechsel auf Sicht nicht Alles ausgleicht; aber unser Richter ist doch viel mehr als alle Wechsel werth.

Wer muß sich denn in seinen Handlungen nicht oft geniren?

Man würde sich bald anders handeln sehen, wenn uns |4 stets jemand anders handeln sehen könnte.

Der Spitz ist blind geworden, davon gelaufen und hat s d en Weg nicht wieder nach Hause gefunden

er ist wieder da, also 2. Richter will bald schreiben.
. Richter hat ihn auch nicht suchen lassen, aber einen neuen Spitz und einen Canarienvogel.Diesen kauft' ich ihm geschwind – er singt himmlisch – um ihn v. jenem dadurch abzuhalten; weil ich dachte: wer eine so liebenswürdige Caroline (die keinen Hund leiden kann) 3 dergleichen Kinder und einen singenden Canarienvogel hat, könnte wohl einen Spitz entbehren.Der Heinrich mußte gestern schon einen Spitz f. 2 f verschaffen.

Ich armer Teufel habe weder Kind noch Kegel, weder Vogel noch Hund, weder Weib noch Geige die gewiße Aussicht eines je zu bekommen und muß doch leben!

Es ist aber auch oft ein Leben, das meinige!

Das Beste ists und mein Trost, daß ich Dich habe und alles was Du grüßest. Braun ist in Würzburg. Überrasch ihn mit einigen Zeilen als Nachbar. Sei und bleib so fort mein ordentlicher Thieriot!

Emanuel

Jette grüßt Dich.

Laß die 2 Carolin nur liegen.

Uhlfelder grüßt.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 3. bis 6. Februar 1805, Sonntag bis Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1575


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 3 S.

D: Abend-Zeitung, Nr. 9, 11. Januar 1843, Sp. 67 (nur Auszug).


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Offenbach, 22. und 30. Januar 1805
B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Offenbach, 29. und 30. Januar 1805