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Bayreuth, 28ten Mai 1805.

Mein Thieriot! Gerne will ich Dirs glauben, daß Du nach dem hier folgenden Freiheits-Büchlein schnappest; aber Du mußt mir dafür glauben, daß man es hier auffrißt und zwar gerade Deinen Theil.

Richter, so war's, ließ einen Bogen von dem Dir verheißnen Büchlein kaum zur Erde fallen, als Spitz Richter – wie ein unvernünftiger Rezensent – darüber herfiel und es zerbis und zerzauste.

Der kleinste Spaß dabei ist, daß es wirklich Ernst ist, was ich Dir so eben erzählt habe.

Mit Bewilligung Richters schick' ich Dir also mein p Büchlein Anlehens Weise, bis Du oder ich ein anderes vom Vater beschehrt bekommest od. bekommet.

Auch schick' ich Dir meine Bemerkungen , |2 die eine Reise in die Welt machen sollen, mit der Bitte, mir sie gleich wieder zu schicken, weil Richter darauf wartet, weil die Spazier darauf wartet, weil der Drucker darauf wartet, der Verleger und sonst kein Mensch in der Welt,.

Ich so gar erwarte nichts davon, nicht einmal der Welt Überraschung.

Wenn ich meinem Sohn in Offenbach , meinem Bruder in Hamburg, meiner Schwester und ihrem Pflegetöchterlein in Regensburg, meiner älte r st en Freundin in Schwarzach , meiner ganzen Seelenfamilie einige Worte sage, dabei ich die Hand in den Schoos legen kann, weil ich nur mein Herz reden lassen brauche, da ist mir wohl ums redende Herz; aber ich bin und werde immer mehr schüchtern gegen Freunde.

Die Bemerkungen , die Richter für die |3 Spazier auszeichnete, bezeichnete er mit einem +.

In Beantw. Deines Lieben v. 21ten schickt' ich ihm heute Deine Auszüge , mit der Bitte, um +e wo er sie hinsetzen wolle .

Lies beiliegend seine Antwort und sei heilig versichert, daß mir dies richterische Richter- Publikum so lieb ist und so viel, als eben diesem Publikum seine ganze Lesewelt.

Sag mir, ob Deine Auszüge, als solche überschrieben, so stehen, oder als allgemeine Bemerkungen umgeschrieben werden sollen.

Jette und ihr Alexander sind wohl.

Sie hat mirs selbst sehr schön geschrieben .

Die Herder hat mir nicht geschrieben und Richter ihr lange nicht geantwortet.

Wenn der König wieder aus Bayreuth seyn wird, dann will ich auch hinausgehen; wird seyn den 10ten od. 11 Jun ; doch muß vorher es auch die Regierung wollen, die mein Bleiben und mein Gehen dirigirt.

|4 Gott segne Deinen Dikt mit so viel Güte, als er für die Deinige braucht.

Da Du einmal nicht sparen willst und keine Schulden in diesem Sommer zu machen brauchest: so macht mir Deine große Gabe so viel Lust als bei nahe Dir und etwas mehr, als Deinem Kameraden . Morgen geht Otto zur übermorgen ihm nach gehenden Revüe-Mannschaft ab.

Die Schukmann wollte heute – doch lies selbst was sie wollte .

Leb wohl, mein Thieriot. Schreib bald viel Deinem, bald Dir schreibenden

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 28. Mai 1805, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1596


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
2⅔ S., 8°. S. 1 auf Rückseite von Thieriots Brief an Emanuel vom 21. Mai 1805, S. 2 und 3 auf S. 1 und 4 von Thieriots Brief an Emanuel vom 6. bis 13. Mai 1805.


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Offenbach, 6. bis 13. Mai 1805
B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Offenbach, 21. und 22. Mai 1805