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Bayreuth, 3 Dec. 1805.

Thieriot! "Der gute Obrist Zweyer fragt hier Silli recht oft nach ihm, und läßt ihn grüßen: sagen Sie ihm das."

Dieses und einen, noch einen Gruß von der Schreiberin Jette selbst, der noch mehr als ein guter Zweier werth ist, hab' ich Dir in meinem letzten Brief auszurichten vergessen.

Geh nicht zurück, mein Thieriot, geh lieber vorwärts, nach Weimar, Bayreuth, Leipzig, wohin Du willst – nur will nicht nach Offenbach Dich engagirender engagiren.

Am 14ten

Unterdessen hab' ich am 6ten endlich meinen Rittersitz in Besitz genommen und einige Tage darauf gesessen.

Dein vorletzter Brief traf mich noch hier, Dein letzter suchte mich in Hof auf, verfehlte mich und fand mich erst gestern wieder hier.

Ich will Dich auf den Frühling auf meinem ländlichen Landgute ländlich bewirthen und heute einladen.

|2 Wolltest Du zu Baudenbach wieder: so hätten wir gleich eine Wohnung für Dich; wolltest Du nicht: so wird sich schon eine andere finden.

Bestimme nur Dein Kommen.

Warum, mein Thieriot, sagst Du mir nicht alles so geschwind über mich, als ich Dir alles über Dich?

Was berechtiget mich zum Sagen wenn Du schweigest? Was berechtiget Dich zum Schweigen – so bald ich rede?

Selpert wollte, sich erbietend, mich bittend mein Sohn, also Dein Bruder werden; aber er paßet weder zu meinem noch Deinem Stief – denn er ist mein Mann nicht, auch nicht der Deine.

Deine Tante empfahl mir ihn als gut, darüber setzte sie noch "recht" und ich begreife nicht ein mal das gut recht, noch viel weniger also das "recht".

Über Dein Offenbacher Schweigen und das dortige Ascheburger, wirst Du |3 mir vieles und überhaupt manches sagen müssen, was ich gerne verstehen möchte.

Sag mir auch mit umgehender auf wie lange ich Dein hiesiges Logis miethen soll.

Wie wirst Du die Famil l i e Jean Paul schön und gewachsen finden und gut – aber nichts geändert!

Willst Du mich geändert haben, Thieriot, so sags noch ehe Du kommest; sonst findest Du mich Dir, wie Du mich verlassen hast – nur froher über eben Deinen Fund.

Da hast Du schon Recht, daß mein Dein und Dein mein Brief ist.

Blos das Selbst darf und muß man bisweilen unterscheiden können, selbst; aber alles Mein und Dein muß darf unter Leuten wie Dein-Ich und Mein-Du nie aufs Reine kommen und daher les' ich Dich und schreib' ich Dir mit gleichem Vergnügen.

So gar derselbe Eigennutz entstehet |4 so wohl im Lesen als Schreiben: ich freue mich nämlich des Schreibens, der darauf zu erwarten habenden Antwort auch wegen und der Antwort, der darauf zu geben habenden auch wegen.

Das Reine hat seinen reinen Eigennutz so gut als das Unreine seinen unreinen, nur hat das Reine den reinen und noch den unendlichen Vorzug der Unendlichkeit.

Heute kommen Richterssie mit ihrer Emma und er mit seinem Hunde – und Ottos zu mir.

Seit vorgestern ist meine Seele voll Frieden – weil wir welchen einen bekommen sollen – bald.

Die herrliche Voigt grüßt Dich und der do Uhlfelder.

Wie wollen wir froh seyn, wenn der Friede Dich bringt oder Ihr Euch beide uns!Du mußt es aber auch recht seyn und bleiben!

Emanuel

Eben "willst Du so gut seyn und Thieriot grüssen?"

Israel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 3. und 14. Dezember 1805, Dienstag und Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1639


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Bl. 8°, 2 S. Schluss fehlt.


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Aschaffenburg, 18. bis 28. November 1805
B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Aschaffenburg, 1. Dezember 1805