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Bayreuth, 22 April 1806.

Mein Thieriot! Deinen Gothaer hab' ich in Döhlau erhalten, heute will ich ihn hier beantworten und morgen wieder nach Döhlau gehen .

Zwar leiden meine Liebesbriefe Noth denn ich kann nur daran denken; aber wenn ich wieder ein wenig aufgearbeitet haben werde, dann sollt Ihr es alle fühlen und sehen, daß ich noch lieben und Liebesbriefe schreiben kann.

An dem Tag, an dem ich Dir Deines Jaques Brief geschickt hatte, kam Ami noch hier an.

Es war recht gut, daß ich den Brief lesen durfte .

Hätt' ich damals so viel Zeit als Lust gehabt: so würdest Du meine ganz eigne, kurze Unterhaltung mit ihm zu lesen bekommen haben.

Nun fehlt mir Lust und Zeit dazu; doch sollst Du so viel ich davon behalten werde einst mündlich bekommen.

|2 Meine Döhlauer Geschäfte gehen gut und geschwind und lassen mir einen freien Nachsommer hoffen.

Aber es geht mir jetzt wie mir's immer ging: sobald ich arbeiten will, bekomm' ich der Arbeit viel und jedes Geschäft oder wenigstens die meisten der Geschäfte endigen sich so zur Zufriedenheit aller Kontrahenten, daß ich mir Vorwürfe machen muß, wenn ich mich der Geschäfte zu lange enthalte.

Wohl dem Geschäftsmann, der es einsiehet, daß kein größerer Verdienst bei Geschäften herauskommen kann, als das Verdienst, den größten Theil der Menschen – alle ist es durchaus nicht möglich – mit dennen man zu thun hat, zu überzeugen, daß man es gut und ehrlich mit ihnen meint.

Ich glaube demohngeachtet nicht, daß ich "der gescheideste" unter uns Dreyen bin .

Du mußt es gestehen, daß Ihr |3 zwei jeder in seiner Art und Weise, so gescheid seyd, als ich.

Die Liebe macht aber den gescheidesten zum närrischsten und so sind alle Liebenden – ich denke Du trauest mir viel Liebe zu – nicht die Gescheidesten.

Der Himmel gebe, daß ich mich so närrisch in ihn hinein liebe und aus der Erde heraus.

Lieben ist gescheider als gescheid seyn.

Da ich ohnedieß nicht mehr lebe, wenn ich nicht mehr liebe – und alles um mich todt ist – wenn man mich nicht mehr liebet: so hoff' ich und wünsch' ich zu verbrennen und nicht zu erfrieren, obgleich dieses ein sanfterer Tod seyn soll als jenes.

Grüße mir die gute Hofmann und sag ihr, daß ich sie auch recht lieb hätte und also zu partheyisch wäre, |4 um eine vollgiltige Stimme bei ihr oder gar für sie mir anmaßen zu dürfen.

Die Jette ist in der Hofmanns Nähe ; sie ist zu Braun nach Frankfurth a/M. mit ihrer Pflegetochter und ihrem Alexander.

Von Nürnberg hat sie mir geschrieben .

Richters sind gesund; aber ihre Odilia und ihr Max sind es nicht ganz, doch dieser mehr als jene.

Die gute Hofräthin Heim in Meiningen hat mir geschrieben und sich – mit vollem Recht – über Dich beschwert, daß Du nicht zu ihr gekommen wärest. Warst Du auch bei dem alten Heim nicht, auch bei seiner Louise nicht?

Keine Seele – als die gute des Uhlfelders – läßt Dich Nichtgrüßer grüssen.

Werd' ich es bald lesen, wie Dirs seither gegangen und geht?

Liebe! liebe mich auch, mein, Thieriot!

Emanuel

Mein Israel will, daß ich Dir noch einen Gruß schreiben soll.
Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 22. April 1806, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1660


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. u. 1 Bl. 8°, 3 S. S. 1 der Abschrift befindet sich auf der letzten Seite des Dbl. von B.

D: Abend-Zeitung, Nr. 29, 3. Februar 1843, Sp. 229-230 (unvollständig).


Korrespondenz

B: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Gotha, 10. April 1806
A: Von Paul Emile Thieriot an Emanuel. Weimar, 28. und 30. April 1806