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Bayreuth, 7ten Febr. 1808.

Thieriot! Vieles hab' ich in diesem Jahr und schon in vorigem von Deiner Hand bekommen: den "7ten Nov." "3ten Dez." "7ten Dez." (bei nahe einen ordentlichen Brief); eine Menge, herrlichen, prächtigen hofmännischen, glücklichen und gesunden, auch wahren und philosophischen Witz"; "Manus hominis"; "1808" u. s. w.

Dann hab' ich von Deiner guten Menschenhand, aus Nürnberg , ein durchsichtiges Gemälde: eine kartenspielende kleine Gesellschaft und ein hellblaues Schreibzeug erhalten.

Außer einem gestrickten Kamisölchen von meiner Voigt, hat mir der heilige Christ heuer weiter nichts beschehren lassen; mich hat er gar nichts beschehren lassen.

Deine Nürnberger Spieler hab' ich ungeöfnet unserm Richter geschickt, weil die Addresse erst nach kam, ich nichts, aber er etwas aus Nbg erwartet hatte; er öfnete sie und schickte mir sie wieder.

|2 Ich hatte sehr traurige Feyertage, denn meine himmlische Mutter war sehr krank.

Hab Du für Alles recht vielen Dank.

Warum Du Dich aber nie überzeugen willst, daß Du die Deinigen täuschest, wenn Du ihnen Kouverte mit keiner Zeile von Dir darinn oder nur wenigen schickest , das ist mir ein Räthsel.

So wie ich ein Kouvert von einer bekannten oder gar von eines Freundes Hand an mich erblicke – erwart' ich einen Brief darunter und Freude.

Und schickst Du mir zehen Bücher, von Deinen und meinen Freunden geschrieben, unter dieser Decke – es ist immer das nicht, was ich erwarte, es ist kein Brief von Dir an mich und immer eine Täuschung.

Ja, ich gehe noch weiter, schickte mir die Hofmann ein Kouvert und es |3 enthielt zehen Abschriften von zehen großen Briefen von Dir an sie und keinen Brief von ihr an mich, sie würde mich immer täuschen.

Warum nimmst Du mir mit der Schreibhand noch mehr, als Du mir mit der Kopierhand viel giebst?

Ich will mir von keinem Menschen, selbst von dem besten, selbst von meinem Freunde, selbst von Dir keinen Brief erbetteln; aber von jedem will ich mirs ausbitten, mich nicht zu täuschen.

Wie oft hab' ich mir's schon vorgenommen, Dir nur auf Briefe mehr zu schreiben und wie lange werd' ich, aller Eltern Schwäche gemäß, meinen Sohne nachgeben?

Am 26ten vorigen Monates, des Morgens um 8 Uhr, war Dein kräftiger, männlicher, menschlicher Jaques hier und ½ Stunde bei mir.

Er kam in der Nacht an, blieb mei |4 netwegen hier, um mich zu sehen.

Wir sprachen brüderlich von Dir.

Er weihete meinem Schmerze eine heiße Thräne; denn in der Nacht v. 18ten auf den 19t Januar verlor ich meine fromme, heilige Mutter und mit ihr meine aelteste Freundin und Geliebte!

Du wirst es wissen, daß er nach Italien geht und auf dem Heimweg vielleicht auf Dich zu.

Im Vorbeifahren sah er auch unsere Richters 3 Minuten.

Laß Dir und Deinen Mitarbeitern Dein Officium immer so leicht seyn, als 1808.

Grüß mir die Hofmann und dank ihr, für Alles was Du mir von ihr gegeben , recht herzlich.Hast Du Hebels Neuiahrs Wunsch in der Carlsruher Zeitung gelesen?

Sei nicht eingebildet krank , sondern uneingebildet gesund und immer bleib Deinem

Emanuel

Zitierhinweis

Von Emanuel an Paul Emile Thieriot. Bayreuth, 7. Februar 1808, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1674


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin V, 138
1 Dbl. 8°, 4 S.

Überlieferung

Hk: ehemals Slg. Apelt,
1 Bl. 8°, 2 S.