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Stuttgart den 12 Aprill 8.

Sie haben mir den Wunsch eingeflößt, und dieser hat mir den Vorsatz gegeben die Briefe eines jungen Gelehrten zu lesen. Noch ist der Vorsatz nicht realisirt, aber Ihre Briefe haben es mir leicht gemacht, mit unserem Gelehrten quaestionis in Correspondenz zu kommen. Ich habe ihm Wagners, schon in der Levana empfohlnen Kunstplan ans Herz gelegt.

Thieriots "Mein Officium ist so leicht, daß es zu leicht ist" ist ominös. Ich fürchte, er werde es wegwerfen. Von seiner Pünktlichkeit im Dienste haben Sie gewiß keinen Begriff. Sein Unglük ist, daß ihn eigner Werth nicht tröstet über fremden Unwerth oder Wenigerwerth und – da hat er Recht, bis auf die Intoleranz gegen die unschuldigen Sünder, die unmöglich mehr geben können, als sie haben. Noch höre ich von seiner Wallfahrt in die Schweiz nichts. Allein diß beweist nichts dagegen: denn das Sprechen über Zukunft, selbst über Gegenwart ist ihm ein Greuel. Er vergräbt sich in sich. Selbst zu einem Quartett bringe ich ihn nie, u zu meiner Sabbaths-Freude mit Freunden nur selten. Aber in Liebe zu allem Guten u Frommen ist er immer frisch. Wird die Hoffmann nicht zu sehr Er seyn, um ihn zu hofmannisiren (im guten Sinne)?

Eine Empfehlung scheint mir gar nicht so überflüßig , besonders bei einem Geschäftsmanne, der weniger im Detail selber arbeitet, |2 als arbeiten läßt. Ein solcher kann nicht alles sogleich vortragen laßen, und zu diesem Sogleich hilft die Empfehlung. Ihre hat dazu geholfen, aber zu nichts weiter. Daß sie zu nichts weiter half, thut mir weniger für T. leid, als für den Abschlagenden, der sich dadurch in den Fall sezt, seine Zusagen nicht mehr brechen zu können, weil man keiner mehr traut. Das wird einst – wär’ es ein jezt – ganz anders seyn. Können Sie erfahren, was in den Provinzen Ansbach u Baireuth oder auch nur in einer das Stempelgefäll abwarf, und können s S ie mir die Stempel-Ordnung in Beziehung auf Tarif und Administration verschaffen, so verbinden Sie mich. Vielleicht kann Ihnen Feder behülflich seyn.

Leben Sie wohl, lieber Brief- und Buchschreiber! und bleiben Sie mir gut.

Wißen Sie, warum nur Manteufel (der Präsident wurde) u Jaque auf Paul wirken können und nicht wir? Ich glaube jene lieben in ihm nur den Menschen u Bruder, und wir sind verliebt in ihn d. h. wir lieben auch seine Schnörkel.

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Wangenheim

Zitierhinweis

Von Karl August von Wangenheim an Emanuel. Stuttgart, 12. April 1808, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1798


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Textgrundlage

H: DLA, B:Wangenheim, Karl August von
1 Bl. 4°, 1¾ S.


Korrespondenz

B: Von Emanuel an Karl August von Wangenheim. Bayreuth, 10. Februar 1808
A: Von Emanuel an Karl August von Wangenheim. Bayreuth, 25. April 1808

Präsentat: Beantw. — 25ten