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B. 2 Apr. 9.

Verehrungswürdigster!

Einen Posttag mußt' ich vorübergehen lassen, ohne an Sie zu schreiben, was ich gerne gethan hätte, wenn ich es Ihnen auch nicht meinem Versprechen nach, schuldig gewesen wäre.

Ab. so lange mein Th. bei mir war konnt' ich nur zum |2 Allernöthigsten Zeit gewinnen.Vorgestern ist er, mit seiner Geige auf dem Rücken, auf Offenbach zugegangen.

Sonderling ist und bleibt er; aber um Vieles ist er, in Vielem brauchbarer geworden, seit dem ich ihn nicht gesehen hatte.

Er spricht lieber als sonst u besonders gerne viel über Pestalozzi u dessen Lehren, Lehre u Lehrer.

Nach dem ich ihn nun wieder gesehen, mache ich mir ordentlich Vorwürfe, darüber gespaßt zu haben, daß Sie ihn einen jungen Menschen zum Führer geben wollten; nicht als wär' ich jetzt ganz entgegengesetzter Meinung von mir selbst, nein blos anderer bin ich u ich kann nun, bei dieser, keinen Spaß darüber verstehen, leiden od. machen.

Sein Verhältniß zur Hofmann ist so zart, nein nur erhaben, daß er keinen Gedanken daran seiner eignen Lippe anvertraut, noch weniger eines andren Ohres; ich bin oft – obgleich ich mehrmals diesen Gegenstand zu unsrer Unterhaltung machte – nicht weiter gekommen, als zur Vermuthung, daß er mit der Hofmann nach Yverdon gehen und dort nützlich seyn will.

"Ihre Briefe, schrieb Richter, bei Zurücksendung des Ihrigen brachten – bis — darüber kenn' ich"

Wenn nun so das grüne Holz spricht, was soll ich dürres Reis sagen?

Daß Ihr gutes, musikalisches Instrument, das ohne dieß |3 unter dem Drucke der schweren politischen und Staats-Luft viel wird leiden müssen, auch noch durch natürliche Übel verstimmt wird, das thut mir sehr leid

Ich hoffe, daß nun Ihr Finger Sie nicht mehr hindert Gutes zu thun und daß Sie nun ganz gesund seyn werden.

an Sie wirft das reinste Sonnenlicht auf den Schreiber und auf den Empfänger u ich wünsche ihm Glück zu dem guten Boden, den er zu seinem Saamen gefunden hat.

Meine Sehnsucht Sie und diese edlen Menschen alle, die sich um das Wohl unsers Zeitalters so viel Mühe geben, zu sehen u zu sprechen, ist eben so groß als schmerzhaft.

Wir brauchen Euch, Ihr kräftigen Beförderer des Reinen, Schönen u Guten, weniger für uns als für die Unsrigen nach uns.

Uns ist durch Menschenkraft nicht mehr aufzuhelfen, da uns des Unglücks größtes, die Geisel der Menschen und der Menschheit, der Krieg nicht aus seinen Rachen läßt; aber durch Euch wird Gott in unsern Nachfolgern uns Hülfe schicken u er wird Euch segnen, der Herr!

Auch ich kenne Constant's Waldstein und die Beurtheilung darüber nicht. Den Anschlag habe ich n. Rgnsbrg gschikt.

Die Pr. Herder empfiehlt Richtern eine Mad. Huber die nächstens nach Stuttg. kommen wird u die sich der Erziehung einiger |4 Kinder widmen will – sehr; ich fühle mich verpflichtet, Ihnen diesen Namen zu nennen, weil ich viell. Ihnen od. einer braven Person dadurch nützlich seyn könnte.

Können Sie mir etwas über Fellenberg's Anstalt mittheilen: so bitt' ich Sie für einen braven Mann , der seinen Enkel dah. zu schicken Lust hat, recht angelegentlichst darum.

Nochmals herzlichen Dank für den Genuß der beiliegend zurückgehenden Blätter von Ihrem gewiß dankbaren, treuen Verehrer

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Karl August von Wangenheim. Bayreuth, 2. April 1809, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1859


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Textgrundlage

Hk: DLA, B:Wangenheim, Karl August von
1 Dbl. 4°, 2½ S. Auf S. 1 Emanuels Abschrift seines Briefes an Wangenheim vom 26. März 1809.


Korrespondenz

B: Von Karl August von Wangenheim an Emanuel. Stuttgart, 22. März 1809