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Bayreuth den 1t Septb.
96.

Geliebtester Freund

Eigentlich soll man Ihnen gar nicht schreiben: Besuchen soll man Sie, und bey schönem Wetter mit Ihnen spatziren gehen, bey schlechtem spielen, wär' es auch nur Mariage . Doch Sie können vielleicht nicht einmahl dieses Spiel, wenn Sie es nicht im Pfarrhause gelernt haben. Wenn man Ihnen so etwas hinschickt schwarz auf weiß, ist es auch noch so kurmäßig d. h. faselnd: So setzen Sie sich darüber hin, u. studiren u. grübeln, u. verderben am Schreibtische alles wieder, was Sie in der Wanne gut gemacht haben. Daher |2 denn die Kopfschmerzen u. die Leibes u. Geistes Durchläufe mit allen ihren schädlichen Folgen. Auf diese Art, liebster Freund, werden Sie freylich schlechte Sprünge machen, wenn Sie wiederkommen. Sie sehen wohl ein, daß ich theil daran nehme. Würde ich sonst darüber zanken?

Ihr Maßstab taugt auch nichts, den hat die Freundschaft verfälscht. Mein Weib ist ein gutes Ding, mir fehlt es nicht am Willen, eins zu werden, das ist Alles.

Ich wollte Sie lieber mit Neuigkeiten unterhalten; aber es gibt so wenig zuverlässige, u. ich möchte nicht mit Engelhardt in einem Blatte zurücknehmen, was ich im andern gegeben habe. |3 So viel ist gewiß, daß die Franzosen Bamberg verlassen haben.

Der Doktor ist glücklich durchgekommen , aber aus Wien haben wir noch keine Nachricht von ihm. Wir sind so zimlich wohl, nur ich leide seit einigen Tagen wieder an Augen. Ich hatte einen recht braven jungen Mann hier, einen Virtuosen auf dem englischen Bassethorn u. in der Mineralogie, u. denken Sie, einen gebornen Schnabelweider. Ich habe kein Bedenken genommen, ihn Herrn Richter zu empfehlen.

Ihnen verdanke ich, Bester, einen Mineralienkatalog u. ein Paar Zeilen von Herrn Otto. Der Katalog empfielt dem Sammler |4 so wenig als die Sammlung. Sie werden mir mündlich sagen, wie diese verkauft werden soll. Vorgestern hat man hier des Prinzen Louis Geburtstag gefeyert, es war zugleich sein Verlobungstag mit der Prinzessin von Weilburg. Es wurde von Liebhabern eine Komedie gespielt, u. in einem Vorspiel soviel Weihrauch verbrannt, daß die Zuschauer beynahe erstickt wären: den Prinzen hats nicht angegriffen: Es ist alles Gewohnheit in d Welt. Ich habe von allem nichts gesehen. Doch werde ich Ihnen von d Komedie eine Anekdote erzählen. Kommen Sie bald, die Witterung ist bey uns schon schlecht, wird also bey Ihnen unerträglich seyn. Ich bin u. bleibe von ganzem Herzen

Ihr getreuer
Schäfer

Alle die Meinigen grüßen Sie herzlich

Zitierhinweis

Von Gottfried Schäfer an Emanuel Osmund. Bayreuth, 1. September 1796, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB1968


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Textgrundlage

H: ehemals Slg. Apelt,
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

Der vorliegende Brief von Gottfried Schäfer ist einer von drei Briefen (hinzu kommt der Brief vom 15. August 1796 sowie ein undatierter, nicht in die Edition aufgenommener Brief an "M" – Mandel, der Rufname Emanuels –, der eine Art Kondolenzbrief darstellt), die Emanuel aus der gemeinsamen Korrespondenz aufbewahrt hat. Dem kleinen Konvolut ist folgende Notiz Emanuels beigelegt: "Diese 3 Blätter meines Schäfers, Pflegevater meiner Jette, sind die einzigen, die ich von sehr vielen, den Flammen nicht übergeben und abgegeben habe, weil sie mich überleben sollen | Eml"