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Bair. den 7ten Jan: 1823

Geliebte Odilie!

Es ist ein wahrer Donnerschlag für mich daß Du nicht kommst. Alles war so schön und günstig eingerichtet daß es nicht besser gewünscht werden konnte. Der sichre Glaswagen der Dich für Kälte schütze, der vorsichtige und kluge Kutscher, der, weil er uns kennt eine Sorgfalt für Dich gehabt hätte die ich von einem Freunde nicht besser erwarten kann. Es ist entsetzlich. Wir sind doch nicht so reich daß wir das Geld so muthwillig wegschmeißen können wie andere Große, mit denen Herr Heine in Verbindung ist. Herr Heine kann in allem was Ihn selbst betrift, seine Foderungen an uns bestimmen, aber wenn wir in der Art und Weise wie wir in den Nebendingen unsere Verbindlichkeiten und Oekonomie einrichten, nach unserer Lage und der Vernunft verfahren, hört seine Gewalt auf. Was ist denn noch an den |2 Maschinen zu ändern was nicht in 4 Tagen gemacht werden könnte? Sie hätten mit dem Bett sollen zugleich eingerichtet werden.

Niemand kann gewis mit so vieler Redlichkeit, Billigkeit und Achtung für Herrn Heine verfahren, als ich es gethan und empfunden habe – allein solche Schwächlinge können wir nicht sein, die sich von Launen regieren lassen. Es war alles bestimmt – Deine Zeit ist um – Herr Heine Selbst hat nur um einen Aufschub von einigen Wochen gebeten, und wenn auch noch 5 Tage an dem Termin fehlten, so ist dies zu unbedeutend als daß deswegen eine Weigerung bei einer solchen Reise, die mir Gesundheit und Kosten erspart gelten könnte. Ich die ich jeden Augenblick Zeit so werth halte, die an Zahn und Augenweh von der vorigen Reise so gelitten hatte, ich war auch zu berücksichtigen für alle meine Liebe und Güte gegen das Heinesche Haus!

|3 Eben so wenig erlaube ich, daß Du Dir ein weißes Kleid kaufst, und beim Schneider machen läßt. Ich befehle Dir, ein der Emma ihrem, ähnliches wovon die Elle 41 xr kostet, wie ich schon gesagt zu kaufen (Ziehe die Durouf zu Rathe) und es ungemacht mitzubringen. Warum soll ich auch hier wieder Geld wegwerfen, da alle unsere Kleider, der Emma ihre, so vorzüglich schön sitzen, daß sie Bewunderung erregen? Bist Du hier, so nehme ich, wenn ja fremde Hülfe nöthig wäre, die Eberhardine, die alles für die vornehmsten Damen macht. Ist der Battist gekauft, so tausche ihn wieder aus.

Es waren 10 Kr.th. im Wagen, bezahle nun die Durouf. ich kann nicht recht lesen sind es 11 – oder 14 fl. Ersteres wäre nicht zu theuer. Halte Dein Geld zusammen, und |4 gib nichts weiter aus, als was Du für Wäsche und Lichter etwa brauchst und kaufe gar nichts entbehrliches.

Es thut mir unendlich leid, daß die Lesung dieses Briefes Dich traurig machen wird, aber jeder Mensch von Gefühl muß gerührt davon werden, wie ich alles so schön und klug eingerichtet hatte, mir zu Weihnachten und Neujahr jedes Vergnügen versagt hatte, um nur für Dich, und gleichsam um Dich auszulösen, gesorgt habe. Will Herr Heine Dich etwa nicht eher reisen lassen ehe er seine Rechnungen bezahlt bekommen hat, so eile sie uns zu verschaffen – Er soll augenblicklich die Zahlung erhalten.

Verzeih meine Heftigkeit, ich kann nichts mehr sagen, denn ich bin wirklich tief verletzt daß man den Eltern, solche Geringschätzung entgegensetzt.

Ewig Deine treue Mutter.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 7. Januar 1823, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0036


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

Dem Brief lag vermutlich ein undatiertes Blatt als Nachbemerkung bei.