Von Wilhelmine von Müffling an Caroline Richter. Weimar, 10. April 1808, Sonntag

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Weimar den 10ten Aprill
1808

In der festen Zuversicht daß Sie, meine Theure! meines langen Schweigens wegen nicht ungünstig von mir denken, ergreife ich die Feder um mich in Ihrem mir so werthen Andenken zurück zu rufen – oft, recht oft erinnern wir uns der schönen Stunden die wir mit Ihnen und den Ihrigen verlebten – o daß wir dort geblieben wären wo es uns so wohl ging! daß Alles so geblieben wäre wie es war – es waren meine lezten ganz glücklichen Tage, denn was ich seit unsrer Trennung gelitten, hinterläßt mir eine wehmüthige Empfindung durchs ganze Leben – ich war von Ihrer warmen Theilnahme überzeugt und sie that mir wohl, aber auch deßhalb schrieb ich nicht denn ich konnte ja nur klagen – Doch nichts mehr von jener Schreckenszeit – Sagen Sie mir nur wie es Ihnen geht, Ihren |2 Verehrten Gemahl und die lieben Kleinen die von den Meinigen wohl nichts mehr wißen –. Sind Sie noch in B.? werden Sie in diesem Paradiese bleiben –

o ich möchte Ihnen so manches fragen, aber was ist denn in der jetzigen Zeit eine schriftliche Mittheilung? – – –

Wir leben seit einem Jahre hier in Weimar doch wißen wir noch nicht gewiß ob wir hier bleiben können weil der König schon mehreremahl den Abschied an meinem Mann abgeschlagen hat, dieser hat indeßen fürs Erste einen Civil Dienst beym hiesigen Herzog angenommen in dem er thätig seyn kann und der ihm angenehm ist –. Wohl mir daß ich in meinem Mann und Kinder mein höchstes Glück finde, denn außerdem habe ich hier keinen Umgang für mein Herz; ich sehe die Menschen nicht anders als am Hofe wo freylich keine Freundschaft gedeyht –

|3 Ich habe durch Herr v. Sziepel der vor zwey Tagen von Bayreuth zurück kam, Nachricht von einigen meiner lieben Dortigen Bekannten erhalten, unter anderen von der reizenden Rosalie die mich so sehr intereßirt – darf ich ohne unbescheiden zu seyn, fragen ob dies herrliche Geschöpf glücklich ist? wollen Sie mich ihr wohl freundschaftlich empfehlen –

Ihrem theuren H. Gemahl bitte ich die herzlichsten Grüße von mir und meinem Mann zu sagen und von diesem auch sie für sich selbst anzunehmen. Möchte das Schicksal uns einmahl wieder vereinigen – und wenn es möglich ist in Bayreuth –. Bis dahin meine geliebte Freundin erinnern Sie sich oft und gern

Ihrer W. Müffling

Zitierhinweis

Von Wilhelmine von Müffling an Caroline Richter. Weimar, 10. April 1808, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0044


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3 S. Auf S. 4 verschiedene Kritzeleien, offenbar von Jean Pauls Kindern, u. a.: Odilie Richter, Bayru | 1811.


Korrespondenz

Der Antwortbrief Caroline Richters an Wilhelmine von Müffling, den Sie ihrem Brief an Caroline Herder vom 24. Mai 1808 beigelegt hat (4. Abt., Bd. V, Nr. 47, Kontextbrief) , ist nicht überliefert.