Von Caroline Richter an Emma Richter. Berlin, 11. und 14. Dezember 1819, Sonnabend und Dienstag

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Berlin den 11 ten Dec.
19.

Geliebte Emma!

Dank für Deinen lieben Brief , Du gute Seele – es war hohe Zeit diese Beruhigung zu empfangen, zu hören daß meine theuersten Menschen zufrieden und glücklich leben. Oft malte mir meine Phantasie Euer Leben – und gewisse Stunden des Tages vergegenwärtigten Euch mir ganz, da dachte ich es mir auch nicht anders als daß meine liebe Emma ganz Hausmutter sein würde. Dir ist diese Trennung gewiß recht wohlthätig, und ich kann um so ruhiger über meine Reise sein. Wie freut es mich daß der gute Vater so zufrieden ist und Dich so lobt – warlich nichts Lieberes hätte er mir sagen können. – –

Dienstag.

Jetzt bin ich 9 Tage hier und ziemlich eingewohnt. Das Zimmer meines Vaters in dem ich wohne die Meublen die ihn umgaben, alles ist um mich her, und ich habe die dringendste Sehnsucht meiner Seele gestillt, von seinem Geiste und seinem Herzen umweht zu werden. Ach es ist gewis kein übertriebnes Opfer der kindlichen Liebe wenn eine seit so vielen Jahren getrennte Tochter, noch einmal – zum letztenmale für |2 dieses Leben in der Atmosphäre ihrer Vorfahren zu athmen strebt. Leichtsinnig scheint mir das Hinwegsetzen darüber, wenn nur irgend Verhältnisse es erlauben – Mit welcher Rührung sehe ich jeden Freund den Er gern sah, und der ihm manche Stunde erheiterte. Daß Ihr Kinder sehr bei mir gesucht werdet, könnt Ihr denken und ob gleich manche Zeiten durch die trübe Stimmung der Mutter mir zu finster für Euch dünken, so kommen doch auch wieder Zeiten in denen ich Euch gar zu sehr hier wünschte. Die Töchter des Baron le Fort besonders sehnen sich nach Euch – sie sind ganz so lieb als die Grosmutter sie schilderte. Rabens sind auch recht angenehm aber nicht so fromm als Jene. Noch immer habe ich gar keinen Versuch gemacht, meine eigentlichen alten Bekannte zu sehen, ich fürchte mich gar zu sehr hineingezogen zu werden, denn es ist nicht möglich Auffoderungen der Liebe auszuschlagen. Nur zwei Cousinen sah ich erst.

Die Großmutter dankt sehr für Deinen Brief , und läßt Euch mit Julius tausendmal grüßen. Gern glaube ich wird sie einmal auf einige Zeit nach Baireuth kommen, nur diesen Sommer geht sie nach der Schweitz, mit der Gräfin Schmettau zu ihrer Mutter.

Liebe Emma, jetzt drücke ich Dich an mein Herz – grüße Amöne, Fr. v Dobeneck, Reizenstein, Donauer etc. etc. Frau von Welden empfiehlst Du mich sehr. Lebe wohl – Gott erhalte Euch alle!

Caroline.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Emma Richter. Berlin, 11. und 14. Dezember 1819, Sonnabend und Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0053


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Textgrundlage

H: SBM Monacensia, Richter, Karoline A I/5
1 Bl. 8°, 2 S.