Von Ernestine Mahlmann an Caroline Richter. Leipzig, 13. (?) März 1802, Sonnabend

Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1

[...]Du weißt die längst projecktirte Reise nach Dresden! Die wird denn gewiß gemacht. Aber noch eine himmlischer Plan! Mein Mann will mir erlauben vier Wochen lang ins Gebürge bey seiner Schwester zu wohnen, zu bey welcher wir bey auf unsrer Rückreise von Dresden doch einen kleinen Besuch machen mußten: Sie wohnt 11 Meilen von hier in Freyberg einem kleinen Städtchen welches weiter nicht intereßant ist, als weil es von den göttlichsten Gegenden umringt ist, und mitten im Gebürge liegt.

Wie ich mich darauf freue kann ich Dir gar nicht sagen! Denn von Zeit zu Zeit sich von Leipzig zu entfernen ist wirklich nothwendig. Aber auch in andrer Hinsicht wird die gesundere Luft, mehr Bewegung des Körpers ihren wohlthätigen Einfluß äußern! Hier size ich ja den ganzen Tag. |2 Und mit großen Freuden wird man mich aufnehmen! Ich glaube, ich habe Dir noch nie von dieser Schwester geschrieben. Es ist eins der seltensten weiblichen Wesen, die es geben kann. Denn sie trägt ein Streben in sich nach dem Höchsten und Edelsten, was sich mich oft mit Bewundrung ja ich möchte sagen mit Ehrfurcht erfüllt! Es kann mir also nicht anders als unendlich wohl bey ihr seyn, und sie hat mich auch recht lieb! –

Ich schreibe Dir soviel von mir, meine gute Caroline – denn ich beurtheile Dich nach mir, und denke es muß Dir Freude machen. ich höre also noch nicht auf — auch ein kleines Stübchen auf eimem Dorfe — daßelbe was Thieriot im vorigen Sommer bewohnte – hat mein Mann gemiethet. Zwar nicht |3 um eigentlich dort zu wohnen, aber um zuweilen, dort die Sonne aufgehen zu sehen. Das macht mich auch recht glücklich.

Ich habe nicht Zeit Dir heut mehr zu schreiben. Ich bitte Dich nur mir bald zu schreiben. Auch liegt mir viel an das Rezept – roth zu färben worum, ich Dich im lezten Briefe bat – weil ich mir vor der Meße , gern noch solch ein Kleid machen möchte. Auch das Rezept zu den Kuchen von trocknen Eyern! – Meine gute Caroline sey nicht böse, wenn ich Dich damit quäle!

Nun, lebe recht wohl, recht wohl! Ich drücke Dich fest an mein Herz! Lebe wohl, Du Liebe, meine einzige Schwester

Deinen Mann grüße ich recht herzlich!

Der Meinige grüßt und küßt Euch! — Adieu Adieu.

E'r.

Zitierhinweis

Von Ernestine Mahlmann an Caroline Richter. Leipzig, 13. (?) März 1802, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0065


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3 S. Anfang fehlt.


Korrespondenz

Zur Datierung: Der Brief wurde nach dem Brief abgefasst, den Ernstine Mahlmann nach dem 9. März 1802 an ihre Schwester Caroline Richter gesandt hatte, da sie sich hier erneut nach dem dort erbetenen Färberrezept erkundigt, und vor dem nächsten Brief, der auf den 14. März 1802 datiert ist. Denkbar ist auch, dass vorliegender Brief mit dem Brief vom 14. März gemeinsam versendet wurde, da dieser mit einem Satz beginnt, der auf zuvor Geschriebenes verweist ("Was habe ich Dir nicht alles geschrieben, meine liebste Caroline, wirst Du denn Geduld haben das alles zu lesen?") – die beiden Briefe entsprechen einander in Papierart und Faltung.