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Leipzig Juny 1801.

Es freut mich, daß Du mich in den Stand gesetzt hast Herr Fr. nöthigen Falls die Spitze bieten zu können. Ich würde ihm auf keinen Falle, versteht sich von selber, Deinen Namen genannt haben u ist ihm das auch von mir ganz bestimmt u kathegorisch erklärt worden, wie durch meinen Brief an ihn muß ausgewiesen werden können. Unterdeß da Du mich dazu autorisirst, so werde ich keine Umstände machen u dein Schreiben ihm in originali zuschicken, sobald er Mienen machen sollte, auf diesen Punkt insistiren zu wollen. Noch habe ich von ihm Nichts gesehen; ich werde aber nicht ermangeln dir sogleich davon Notiz zu geben. Bis dahin, dachte ich, ließe man die Sache |2 auf sich beruhen.

Es hat mir ja wohl nicht in den Sinn kommen können, Dir den Abdruck der Schlußanmerkung zur Last legen zu können, u wenn Dir das in meinen Br. so geschienen haben mag, so mußt Du es mit den Ausdrücken nicht so genau nehmen. ich schrieb in der größten Hast, u es versteht sich an uns beide ja wohl von selbst, daß der eine weder Unsinn sagen, noch der andere daran glauben wird. Allerdings kann man darauf oppugniren , daß es bey mir stand, den Satz zu streichen; allein, wie gesagt, der fatale Zufall hat damit sein Spiel gehabt, u ich habe dem Herrn Fr. dies deutlich zu machen, mir die große Mühe genommen, worauf er ja wohl ein höchst inloyaler Mann seyn müßte, wenn er sich bey |3 diesem Exposé nicht beruhigen wollte. Verdenke mir nicht, daß ich der Renommeé der Zeitung wegen die Sache ernstlicher u ängstlicher genommen, als wohl sonst nöthig gewesen wäre. Es ist bey einer lage wie die meinige unvermeidlich, daß Verdrießlichkeiten kommen. Eben in demselben Monat erhielt ich eine Beschwerde v. Babo aus München über Angriff seiner Theaterdirektion u auch er drohte mit Klage, mit Publizität, daß ich fast toll im Kopfe über dies Zusammentreffen von Fatalitäten hätte werden mögen u alle Hände voll zu thun hatte, einen wie den andern zur Ruhe zu verweisen. Der Berichterstatter erbietet sich auch zu den bündigsten Beweisen u leistet die bestimmteste Bürgschaft; allein was kanns mir helfen, da ich de Verdruß u Weitläuftigkeit demungeachtet |4 davon gehabt habe!

Sei mir darum also nicht böse, lieber M. u wende darum Dein Antlitz nicht brusquement von meiner Zeitung, der Du noch manchmal nützlich werden kannst. Ich werde daher von Deinem letzthin übersandten Aufsatze successive eines u das Andre brauchen. Es thut mir leid, daß Du statt Dank für Deinen guten Willen hast Mißvergnügen haben müssen; aber ich mußte Dich doch offenbar au fait von der Sache setzen.

Eben der Buchhändler S[...] hat mir einen so höchst unverschämten Brief geschrieben, daß ich dem übermütigen Patron wohl ein wenig vor Gericht fordern laßen werde, um so mehr, da er Dir erklärt hat, was er mir leugnet u zum Hauptgrund seiner Unverschämtheit macht. Es ist entsetzlich, was der Kerl sich unterstanden hat mir zu sagen. Ich habe nur jetzt noch keine Zeit die Sache einzutreiben.

Gruß und Achtung

Dein Sp.

Zitierhinweis

Von Karl Spazier an Siegfried August Mahlmann (?). Leipzig, Juni 1801. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0072


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Textgrundlage

H: Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, A/875/2008
1 Dbl. 8°, 4 S.


Korrespondenz

Zum Adressaten: Die einzige Anrede ("lieber M." auf S. 4) legt die Vermutung nahe, dass die Empfänger des Briefes Siegfried August Mahlmann war, den Karl Spazier als Schwager duzte und der Beiträge, zum Teil auch polemischer Natur, zur Zeitung für die elegante Welt beisteuerte.