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B. 28ter Dec. 1801

Gute, liebe Goldschmidt! Caroline! So dacht' ich seit einig Wochen nicht nur, so rief ich oft aus; aber weiter konnt' ich nicht kommen. Ihre Magdeburger u Ihre Berliner lieben Worte sind mir's: ich will sie der Ordnung nach beantworten.Soll ich mich erst verwenden, b. Ihnen, für mein Schweigen?Nein, ich kann es nicht entschuldigen, ich müßt' es erst vorher beschuldigen u das – kann ich nicht! So viel weiß ich, daß ich s Ihnen gesagt, daß ich beständig schon einen großen Theil meiner Zeit mit Schreiben auszufüllen habe u das mag auch hier keinen überflüßigen Platz unter diesen Worten einnehmen, weil Sie's viell. doch hätten vergessen koennen.

Wenn ich einen Gedanken in Ihrem Briefe unberührt lasse: so mag's Ihnen für die Vergangenheit so wohl, als für die Zukunft zur Regel dienen, daß ich ihn billige, richtig finde u unterschreibe.

S. können nicht glauben, wie sehr michs schmerzt, daß S. mir v. der Bildung unserer Geschwisterte in Israel, in Berlin kein besseres Bild geben können.

Daf. thut mirs aber auch um so mehr wohl, daß Ihnen u mir die Vorsehung so viele gute Wesen aus unseren gebildetern, glücklichern Geschwistern zu getheilt hat, die Sie und die sie und ich: Mein nennen.

Thieriot, der Seltene, schrieb mirs schon, daß er S. nach meiner Abreise noch öfter gesehen hätte u daß er meinen, aus Versehen offenen gelassenen Brief, an S., nicht ohne Begleitung abgehen ließ.

In diesem Winter kann ich mir auf Ihrem Sopha |2 nun mal nur schriftl., aber nicht von Angesicht zu Angesicht erzählen lassen. Das Frühjahr ist jetzt das Ziel zu meiner Pilgrimschaft nach Ihrem Zion.

Wenn S. an Lafontaine schreiben, so danken S. ihm, für mich, daß er so oft meiner gedenket, denn man denkt nur an Die, die auch an Einen denken.

Darum vergißt man die Gestorbenen.

Ich theile jede glückliche, häußliche Scene d. h. die S. sehen u die ich sehe u genieße treulich mit Ihnen.

Sehen S. den Vater uns. Caroline, die ich eher verstehe, als u, unserer Ernestine, die S. mir zeigte, so grüssen S. mir ihn nach Stand u Würde u auch die kleine "Vernunftspielerin".

So wenig ich mir aus der Annahme eines Dankes mache: so schlag ich den für den Hesperus v. Ihnen doch nicht aus, denn ich verdiene ihn.

Seinen Schöpfer wollt' ich in seinem häußlichen Himmel, in diesem Winter aufsuchen: aber es unterbleibt auch noch einige Monde.

Gewöhnlich lieb ich mehr die Freunde meiner Freunde, als die Verwandten derselben.

|3 So vereinig' ich lieber meine Freunde, als meine Verwandten mit meinen Freunden u so tracht' ich auch nie nach der Freundschaft meiner Verwandten Freunde.Doch freuet mich's, wenn meine Verwandten v. meinen Freunden geliebt werden, eben so sehr, als ich die Verwandten meiner Freunde, weil sies sind, liebe.

Grüssen S. mir dah. auch Ihren lieben Vater u Ihre lieben Schwestern, so warm, ich Ihnen meine Mutter, die wirklich so gut ist, daß sie sich blos nur nicht böse zu seyn einbildet, u meinen Bruder grüßte.

Im alten Jahr will ich meine alten Briefschulden alle abtragen, um neuen Credit zu bekommen: werd' ich nun bald wieder Ihr Schuldner zu seyn das Vergnügen haben?

Leben S. wohl, liebe Caroline!
Werden S. im neuen Jahr so glücklich, daß meine Wünsche für Sie für ewig befriedigt seyen!

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 28. Dezember 1801, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0101


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt
2 Bl. 8°, 3 S. Auf der Rückseite von S. 1 Briefschluss von B von Caroline Goldschmidts Hand.


Korrespondenz

B: Von Caroline Goldtschmidt an Emanuel. Berlin, vor dem 28. Dezember 1801

S. 1 auf Briefschluss des vorangegangenen Briefes von Caroline Goldschmidt.