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Berlin d. 3. April 18.

Meine liebe Caroline!

Deinen lieben hertzlichen Brief vom 14. Märtz c. hätte ich längst beantwortet, wenn mich nicht die Schwäche, die mich durch mein letztes Übel noch tiefer herunter gebracht hat, als das ältere, daran verhindert hätte, zumahl ich mich streng an meine Amts Pflichten halte, um nicht, welches zwar bey der Justitz nicht leicht der Fall ist, pensionirt zu werden. Mein letztes Übel ist nun, besonders durch Einreiben des Unterleibes mit eau de Cologne gehoben , welches mir kein Artzt, aber der Provisor aus meiner Apotheke empfahl, [...]; denn die Herrn Ärtzte wißen nichts ohne den Apotheker, dem sie einen beständig in die Hände spielen. Mein Provisor allein, deßen Apotheke kein eau de Cologne führt, hat uneigennützig in mir gehandelt


Nun erst zu Deinem Rath das Töplitzer Bad zu brauchen, der Dich zugleich veranlaßt hat, der Minna Hofnung zu meiner Reise über Dresden zu machen.

|2 ich fühle, welchen Genuß mir der Aufenthalt unter den Meinigen gewähren würde. Allein ich bin durch die Reise nach Landek , und deren großen Kostbarkeit abgeschreckt, mich diß Jahr weit auszubreiten. ich werde daher bloß die Freyenwalder Quellen benutzen, die mich schon vor geraumen Jahren von der Gicht befreyet haben, werde aber nicht Freyenwalde selbst, sondern deßen zu Neustadt Eberswalde , 6-7. Meilen von Berlin ) sich ergießende Quellen darum benutzen, weil Neustadt chemisch untersucht, stärker als Freyenwalde ist. ich habe auch schon ein Quartier daselbst, und werde mit meiner Frau bereits am 1. Juny dahin abgehen. Dazu gebe der Himmel seinen Seegen. Denn die bisher erduldete Lähmung, die mich von einem Führer oder Fuhr Werk abhängig macht, ist mir unerträglich, zumal wegen der daraus täglich entstehenden Entkräftung. die der ununterbrochenste 9. stündige Schlaf nicht abzuwenden im Stande ist; und die selbst meinen geistigen Beschaftigungen hin |3 derlich ist. – Verzeyhe also, wenn wir uns wenigstens daß Jahr nicht in Deinen Umgebungen sehen.

Noch leyde ich an einer Ahnung, als könnte ich wohl Deiner Emma durch meine Äußerungen in meinem letzten Briefe an Sie Unrecht gethan haben. Sollte diß der Fall seyn, so leite Sie auf die Überzeugung, daß ich nur aus den besten Absichten mich geäußert haben kann; und veranlaße Sie zu einem gelegentlichen Briefe an mich, worin Sie ihr Hertz gegen mich ausschütten mag. Auch wird Sie von allen Menschen, die sie kennen nicht nur von Seiten Ihres Kopfes sondern auch ihrer Gemüthlichkeit gerühmt, und da vereinigt sie ja alles was ein weibliches Wesen schätzbar machen kann.

ich wollte ich könnte von der Emma Spazier mehr als Ihren Kopf rühmen. Diese hat nehmlich bey mir alles durch einen unverschämten Brief verdorben, worinn sie ihre Empfindlichkeit darüber äußerte, daß ich und meine Frau uns ihre ohne weitere Vorfrage angekündigte Überkunft nach Berlin u Einquartirung nicht so gerade hier haben gefallen laßen ich habe ihr ihren Brief zu ihrer Beschämung zurück geschickt, u stehe mit ihr in keiner weitern Ver |4 hältniß, als daß ich, so lange ich lebe, jährlich 25 rth an die Louisen Stiftung zahle, wozu ich mich verpflichtete, als es mir vor einigen Jahren unmöglich war, eine jährliche Pension von 200 rth an gedachte Stiftung zu bezahlen. Du kannst denken, daß mir diß Opfer jetzt jährlich so viel Verdruß macht, als ich es früherhin gern übernahm, wo ich noch auf dankbare Anerkennung rechnen konnte. Die Emma ist eine neue Auflage ihrer Urgroß Mutter G. in Berlin .

Julius fängt sich als Conducteur auch an uns seiner Linie zu entfernen, u ich werde ihn, so bald er mich entbehren kann, recht gern entlaßen.

Mit Minona bin ich bisher zufrieden gewesen, rechne aber auch nicht auf ihre hertzliche Dankbarkeit.

Nun habe ich noch den Richard zu poussiren . Er hat jetzt seine Lauf Bahn als Buchhändler angetreten, u ich habe mich zu Bezahlung seiner fortzusezenden Lehr Stunden verpflichtet, da er Hofnungen von sich gibt.

Minnas Schiksal selbst ist beruhigend, u ein unverkennbares Glück vom Himmel!

Lebe wohl, grüße Deinen Mann u Kinder.

Dein treuer Vater Mayer

Zitierhinweis

Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 3. April 1818, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0139


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.