Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 17. Mai 1822, Freitag

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Bair. den 17 ten
Mai 22.

Geliebte Odilie!

Da heute Freitag ist, so will ich Dir nur einige Zeilen schreiben, wenn ich gleich in der tiefsten Arbeit bin, allein beim Schreiben muß ich ja sitzen, und kann mich daher ein wenig ausruhen. Wie geht es Dir mein gutes Kind? Hast Du den Brief des Vaters erhalten? Ich schicke Dir hier Einen von meiner Schwester, denn Emanuel hat mir den des Vaters noch nicht zurück geschickt, wenn ich ihn gleich darum gebeten. Du kannst auch daraus sehen wie gut es dem Vater ergeht. Sein letzter Brief kam am Donnerstag den Himmelfahrtstag und ist sehr heiter. Seine Wohnung entzückt ihn, bei der Ende war er einen halben Tag, und die edle Recke läßt ihm alle mögliche Auszeichnung widerfahren. Wie lange er dort bleibt weiß ich noch nicht, doch ich alles fertig – ich glaube aber gewis, daß er mehr als 1 Monat ausbleibt. |2 Wie sehr frägt er nach Dir, und wie freut er sich Deines Wohlseins, Der Herbst wird ihm lieb sein, weil er hofft Dich wieder zu haben.

Gewis hast Du mir schon wieder geschrieben mein theures Kind, und vielleicht bekomme ich morgen einen Brief von Dir. allein ich widerhohle es, daß Du Dir ja mit Schreiben an mich keine Gewalt anthun sollst! ich bin zufrieden wenn ich nur weiß daß Du gesund bist. – sollte Dir aber das Geringste fehlen so sage es mir sogleich. mache mich ja nicht so unglücklich mir das Geringste zu verhehlen – Denke, [...] , [...] Emilie Kapp wurde immer kränker – man hoffte sie noch zum Herbst fortzuerhalten und die Ärzte thaten das Möglichste, vor 14 Tagen ließ sie sich in ihrem Garten tragen, und ich freute mich, und glaubte die wärmere Luft könnte sie doch noch erretten – Allein es war nicht |3 möglich. Am Mittwoch Mittag um 14 Uhr nahm Gott sie zu sich. Heute wurde sie begraben. Noch hat ihre arme Mutter Kraft – allein es wird ihr gehen wie mir – sie wird es immer tiefer fühlen was – Tod eines Kindes – sei. Möchte Gott sie auch zu sich nehmen! Karoline Fischer ist sehr ergriffen sie war so oft bei ihr, und ihre liebste Freundinn – bald werde ich die arme Mutter besuchen – [...] in der Krankheit des armen Mädchens war es mir nicht möglich, und ich glaubte immer es würde Emilie zu traurig machen wenn sie mich sähe. Denn sie fürchtet den Tod. O, daß diese zwei Herzen getrennt werden mußten, dieses Kind von seiner Mutter!

Wie geht es Herrn Heyne, ist Er auf der Reise? Grüß ihn doch recht sehr.

|4 Emma ist in Meiernberg mit der Stein. ich muß Acht geben weil der Maurer in unserer Wohnstube ist – Ich freue mich daß Du dismal dem Chaos worin wir leben entgehst, ob Du mir gleich viel geholfen hättest. ich habe des Vaters Fenster Repositorien und Thüren selbst angestrichen. Allein Du hast Dich immer zu sehr angestrengt und würdest es auch jetzt nicht lassen wenn es Dir auch schädlich wäre.

Otto Amöne Emanuel Alle alle grüßen Dich geliebtes Kind! Gott sei mit Dir immer, und überall!

Deine
treuste Mutter
Caroline.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 17. Mai 1822, Freitag . In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0140


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 3⅞ S.


Korrespondenz

A: Von Odilie Richter an Caroline Richter. Würzburg, 23. Mai 1822, Donnerstag