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Baireuth den 15ten Dec. 1804
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Mein geliebter Vater,

Wie sehnlich sehe ich einer Antwort von Ihnen, auf meinen lezten Brief entgegen der, hoffe ich glüklich in Ihre Hand gekommen ist. Doch kann ich sie nicht abwarten, um Ihnen dis kleine Zeichen meiner Liebe zu übergeben, das Sie doch gütig aufnehmen mögen. Indem ich es Ihnen übergebe fühle ich aber das unzulängliche einer Arbeit von fremder Hand, da sie nur von der eignen einen geringen Werth erhielte, und doch muß ich der Nothwendigkeit weichen die es in meiner Lage unmöglich macht, dergleichen selbst zu arbeiten. Ja oft dünkt es mich als wäre es Sünde meiner Empfindung nachzugeben, da immer eine Pflicht darunter leidet – dennoch war es mein Vorsaz, meinem Vater dem ich ja so viel Zeit abzuzahlen habe – selbst eine kleine Freude zu machen – aber der so edle und strenge Emanuel, mein halbes |2 Gewißen, der bei der Erziehung unserer Kinder ein lautes und kräftiges Wort mitsprechen darf, gab es durch aus nicht zu, und drang mir dieses Zeug zur Weste auf, damit ich meine Kinder nicht versäumen solte.

Möchten Sie sie, zuweilen zu unserem Andenken tragen!

Inliegenden in der Westentasche gestekten Brief meines Mannes an die Frau von Berg haben Sie wohl die Güte durch Ihren Bedienten besorgen zu laßen, der zugleich eine kleine Erinrung an das versprochne Kanonikat , und eine Bitte für Herders Witwe enthält die auch Sie, um Ihre Anwerbung für praenumeranten auf ihres großen Mannes Schriften anfleht , weil ein Theil I i hrer Existenz daran hängt. Freilich ist sie sehr kostbar, doch thun gewis viele ein Übriges um des Andenkens willen.

|3 Unser Kind ist am 9 ten Dec. getauft, und wird nach meines Mannes Wahl, Odilia, genannt, wir haben dabei auf die Gesundheit Ihrer gütigen Frau in Punsch getrunken

Wie glüklich wären wir, wenn wir so kleine Familienfeste, nicht blos in der Einbildung feiern dürften.

Leben Sie wohl, mein theurer geliebter Vater, ich kann heute nichts weiter hinzu sezen als den ehrerbietigsten Gruß meines Mannes, an Sie Beide, und die Versichrung meiner tiefen Achtung für Ihre edle Frau. Gott schenke mir bald einen Brief von Ihnen der mir sagt, daß Sie mich noch lieben.

Ihre

treuste ewige
Caroline.

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Bayreuth, 15. Dezember 1804, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0153


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 2¾ S. Auf S. 4 Adr.: Herrn Geheimen | Ober Tribunals Rath | Mayer | in | Berlin | Spittelbrücke. 2; Postvermerk: Fr. Hof; Angabe der Beilage: Hiebei eine Wolle in | grauer Leinwand Sig. | H.M. worin eine | getragen Weste; Portozeichen sowie Siegelspuren.


Korrespondenz

A: Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 14. Januar 1805, Montag