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Bayreuth den 14 t Dec
1825

Mit wahrem Schmerz habe ich mir bis jetzt den Genuß versagt Ihnen zu schreiben, edler Mann! aus dem ganz prosaischen Grunde weil ich Ihnen auf Ihre Geschäftsfrage gern etwas Positives antworten wollte. Auch heute kann ich dieses noch nicht, und doch schreibe ich; allein der letzte durch Hofrath Böttiger mir mitgetheilte Brief wo wieder Ihre Hoffnungen erwachen, zwingt mich zu sehr.

Zuerst lassen Sie mich Ihnen für die Liebe danken, die Sie zu Ihm dem Unsterblichen haben, die sich lange und immer schon in Ihren Briefen aussprach, und die mir Letzthin sogar durch den Anblik der unangebrochnen Goldrollen worauf Ihr Name stand – Wehmuthsthränen auspreßte. Wie sollte ich nicht Alle lieben, die Ihn liebten? es war immer der Maasstab des Werthes der Menschen für mich, wenn sie Ihn erkennen konnten! – – –


Wir waren die Glücklichsten – ich und meine Kinder – wir die Ihm angehörten, die von dem Seegen seines Wesens täglich und stündlich getroffen |2 wurden, das nur Frieden und Liebe ausströmte.

In den letzten anderthalb Jahren gehörte Er aber vorzüglich mir allein an, weil Er sich unbedingt von äußeren Einflüssen ganz uns widmete. Ich hatte das unaussprechliche Glück, Ihn erheitern, Ihn unterhalten zu können, er wünschte, er verlangte nichts weiter als mich und seine Kinder – von denen Eines – ein ausgezeichneter Sohn Ihres Namens im 19 ten Jahre seines Lebens zum Himmel ging. Dieser unaussprechliche Verlust, vor 4 Jahren, untergrub zuerst die sonst felsenfesten Kräfte seiner Natur.

Er ist nicht mehr unter uns, aber mir ist Er überall, und ich kann mich nur als einen zurückgebliebenen Theil Seines Selbst betrachten zur Hüterin dessen berufen, was Er hinterlassen mußte, zur Gründerin des Glücks meiner Kinder, die so sehr ihres Vaters werth sind als ja Kinder edler Eltern. Möchten sie glücklich sein, diese guten Geschöpfe! mir ist bange für ihre Stellung auf Erden – das Leben macht mich eben so besorgt, als ihr Verlust mir |3 schrecklich wäre.

Von der Wichtigkeit dieser großen Aufgaben durchdrungen muß ich nun, als alleinstehende Frau die größte Vorsicht in dem Vertrage behaupten den wir mit irgend Einem Verleger eingehen Durch Hofrath Böttiger werden Sie die Hauptanträge Herrn Reimers gehört haben, und die Abschließung mit Ihm wäre schon geschehen wenn nicht in dem Kontrakt Entwurf desselben einige Punkte einer für uns ungünstigen Auslegung in einem möglichen Unglücksfall fähig gewesen wären. Die Vereinigung von beiden Seiten hierüber hat bis jetzt noch die letzte Sanction aufgehalten. Doch schrieb ich ihm gestern meinen kategorischen Entschluß auf alle Punkte des Kontraktes von dem ich Ihnen unter dem Siegel der Verschwiegenheit eine Abschrift mittheile, zu beharren. Im Verweigerungsfalle sehe ich die Verbindung mit Ihm als aufgehoben an, und bin mit meinen Kindern bereit mit Ihnen in Unterhandlung zu treten, wenn Sie geneigt sind diese Foderungen zu erfüllen. x) Die nähere Ankündigung und Bestimmung sollen Sie erhalten, wenn ich Ihnen Reimers Entscheidung mittheile. Sollten Sie einmal eine Reise zu uns machen wollen, würde mich es sehr freuen. Denn auch ich bedauerte Sie nicht gesehen zu haben.

|4 Doch sage ich Ihnen im Voraus diese Erleichterung zu, daß Sie bis zum Absatz von 3000 Exemplaren nur nöthig haben, Sich auf die Summe in Conventionsfuß von 30,000 rtl. einzulassen und nach dem Absatz von [...] 5,000 Exemplaren erst die volle Summe von den uns freiwillig von Reimern angebotenen 35,000 rtl. zu zahlen. Die nachfolgenden Zahlungen von 5000 rtl. beim Absatz der jedesmaligen nachgelieferten 1000 Exemplare, anstatt einer neuen Ausgabe, verstehen sich von selbst.

Ich weiß nicht ob Sie von meines seeligen Mannes Nachsuchung um Privilegien in den süddeutschen Ländern unterrichtet sind. Von dem Gelingen bei unserem Landesherrn lege ich Ihnen eine Abschrift seines Briefes , als Beweis bei. Er Selbst der geistreiche König, übermachte meine Bittschrift an den österreichischen Kaiser. Kann man an dem Erfolg zweifeln?

Gern würde ich Ihnen in Rücksich der Zahlungform Erleichterungen vorschlagen, wenn ich genaue Kenntniß von Ihren Vermögensumständen hätte, ob Sie im Stande sind irgend eine garantie für das ganze Capital dessen vollständige Verzinsung Sie sogleich auf eine gewisse Zeit vor der Hand nur leisteten, zu gewähren, allein Sie können denken wie gesichert ich dabei sein müßte! Aber rechnen Sie noch nicht darauf da ich erst den Vormund meiner Kinder dafür berathen muß. (unsichere Lesung) Dies sind meine Gesinnungen – indessen alles ist nichts wenn Reimer zusagt. Hoffen Sie nichts. Allein Sie sollen Verleger der Biographie werden, die nicht Böttiger, aber der vertrauteste Freund meines Mannes Herr Otto übernehmen wird.Leben Sie wohl! ist über uns. ge .

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Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Joseph Max. Bayreuth, 14. Dezember 1825, Mittwoch. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0196


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Textgrundlage

H: DLA Marbach, A:Richter, Johann Paul Friedrich 83.69
1 Dbl. 8°, 4 S.