Von Emma Richter an Caroline Richter. Bayreuth, 30. März 1822, Sonnabend

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Den 30ten März 1822.

Meine geliebte Mutter!

Wenn es nach meinen Wünschen gegangen wäre, hätte ich Euch längst geschrieben, aber so mußte ich bis heute warten, wo ich aber doch etwas beantworten kann . Gott sei Dank daß Ihr wohl in Würzburg angelangt seid ! Ich habe immer an Euch gedacht, und es scheint mir eine Ewigkeit daß Ihr fort seid. Hier zu Hause geht alles ganz still seinen Gang, und das Bischen Essen abgerechnet gibt es wenig zu thun. Mit Marie bin ich recht zufrieden sie macht alles ordentlich.

Gestern war Amöne so gut, mich auf eine Stunde zu besuchen, sie war sehr freundlich und läßt Dich herzlich grüßen, sie lebt recht einsam.

Vergangenen Mittwoch erlaubte mir der Vater in die Harmonie zu gehen, und da fand ich die gute Frau von Welden, die recht wohl war. Es freute mich sehr und ich dachte an Dich und die gute Luise, der ich nächstens schreibe, denn Einen Brief muß sie von mir bekommen. Für den ihrigen tausend Dank.

Am Donnerstag war der Vater bei der Rollwenzel, wo ich ihn besuchte. Der Tag war herrlich und der Vater auch vergnügt, bis auf das Essen wovon er nichts genoß. Der gute Vater ist Gottlob recht wol, und gestern ist auch sein Wein |2 angekommen. Morgen soll er durch den Büttner abgezogen werden.

Die Woche habe ich recht an meinen Kleid genäht, heute wollte ich es anziehen aber es sind noch einige Kleinigkeiten zu machen die fehlen. Wirst Du denn zu Ostern wieder da sein, liebste Mutter? Die Tage dehnen sich so lange aus, obgleich mir das Wirthschaftführen großen Spaß macht.

Vorgestern hat der Vater an die gute Tante geschrieben, sie wird sich sehr über den Brief freuen. Heute bekam ich endlich einmal von Konradsreuth Nachricht; die gute Kammerherrin schreibt mir daß sie froh wäre – d. wenn Minona noch bei ihrer Mutter bliebe, weil sie sie in der Folge für Thekla wünschte.

Von Zedwitz ist auch schon Antwort da. Frau v. Plotho kommt nächstens selbst hieher, um das Quatier zu sehen, denn blos auf fremdes Anrathen will sie keines nehmen. Aber an Deiner Güte war es noch nicht genug; Minna Spangenberg u. Herr v. Pasch mußten noch schreiben, und auch mir wurde die Zumuthung gemacht, aber ich wollte die arme Plotho nicht mit den vierten Brief über Eine Angelegenheit plagen.

Jetzt mag die gute Diezo wol schon in ihren Bett liegen. Gebe Gott daß es ihr nicht zu viel Ueberwindung kostet. bist Du auch nicht bose über das vorige eilige Briefchen ? Ich meinte es aber gut. Sage Luise daß ich heute zum erstenmale die kleine Lilli sah, und daß sie mir eine Menge Küsse für sie gab. Bald mehr von Deiner

treuen Emma.

Lebt Alle wohl.

Zitierhinweis

Von Emma Richter an Caroline Richter. Bayreuth, 30. März 1822, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0294


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
2 Bl. 8°, 2 S.