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Mein. 17. Aug.
1802.

Lieber Alter! Seit gestern Abends schwimm' ich im Meer des Vergnügens oder Biers; der Einspänner holte mirs für 4. Laubtl., nachdem ich vorher einen Schub-Kärner – weil Ihr erster mir nur 2 Fäsgen versprach – umsonst s mit seiner Frau für 3 fl. dahinrnach gesandt. Kostbar ist es, mein Herbst-Trost, mein Magen-Balsam, mein Palliativ gegen Meiningen. Im Spätherbst schikt hier ein Bier-Verein einen Wagen gleich von hier aus zu Ihnen. Recht fatal ists, Guter, daß man für Sie auch gar nichts Körperliches thun kan und daß Sie allein so glüklich sein sollen, |2 Ihre Liebe noch anders auszudrücken als durch Worte u. Gesinnungen.

Ausser Thieriots alten Briefen bekommen Sie hier 2 neue, die Sie an die 2 Behörden zurükschicken werden; u. noch einiges andere. Sagen Sie dabei dem R. Quartiermeister, daß ich ihm warlich kein Quartier gebe, wenn er wieder so sündlich lange säumt mit Schreiben und Lesen. – Was macht Renata u. andere Höfer? – Meine Frau trägt die schönste Gesundheits Blüte über der Frucht ; bei einem solchen Wunder gesunder unverfälschter Natur ist der beste Ausgang nicht einmal eines.

Hab' ichs im July schon geschrieben, daß das gute Wetter den 6. August anfängt u dauert bis |3 Ende Okt Septemb.? Hier ists sehr bekant. – Ich u. meine C. waren einige Tage während der Hölle des heissen Wetters im Himmel von Liebenstein, wo ich mich die alte Natur u. die neue Freude recht genos, daß der alte Herzog alles für mich – bezahlte. Vielleicht blieb ich eben darum, da mir alles u der beste Weinkeller offenstand, nur drei Tage. – Dasmal hab ich so wenig zu erzählen als wär' ich Sie. – Wenn sehen wir denn einander? Höchst wahrscheinlich geh' ich im schönen Septemb. nach Coburg ?, aber allein. – Ich habe nun mit meiner Feder nichts weiter zu schreiben als daß ich sie meiner Frau gebe. Haben Sie für alles Herzens Dank! Und grüssen Sie doch einmal den redlichen Uhlfelder .

R.

Apropos! An den fatalen Schuldner Liebman schrieb ich 2mal nach |4 Rudolstadt ; bis ich endlich in Liebenstein von einer Beulwiz höre, daß er in Hof versiere und wenig mehr habe. Fragen Sie doch Otto , ob sein dummer Schein gegen mein Geld noch gerichtstafelfähig sei, da auf ihm der Name des Gläubigers – was er damals aus Angst u. Dumheit vergessen – gar nicht steht. Vor der Hand verfolg' ich ihn brieflich. Es ist gar zu schlecht, einen Freund zu betrügen stat einen Feind. Hätt' ich das gewust, ich hätt' ihm oder ihr die Summe gleich als ein Geschenk gebracht, um nur etwas zu haben.

Lieber, lieber Emanuel, ich grüße Sie heute nur, und danke Ihnen innig für Ihren Brief nach dem ich mich lange sehnte. Guter Engel, man kann nur beten für Sie wie gern drükte ich Ihnen die Hand u ließe mich segnen. Wir sind sehr glüklich, ich arbeite an einer miniatur Ausstattung für einen kleinen Menschen mit so vieler Freude wie ein 4jähriges Mädchen für ihre Puppe – Wollen Sie ihn auch recht lieb haben? – Bald schreibe ich Ihnen u antworte – ich umarme Sie Emanuel!

Zitierhinweis

Von Jean Paul und Caroline Richter an Emanuel. Meiningen, 17. August 1802, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0337


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Textgrundlage

H: SBa, OFS.Autogr. R 1(1802.08.17
1 Dbl. 8°, 4 S. 3⅔ S. von Jean Paul, ⅓ S. von Caroline Richter.

Überlieferung

D: 3. Abt., Bd. IV, Nr. 300.

D: Denkwürdigkeiten 1, S. 107–108 (nur von Jean Paul, unvollständig).


Korrespondenz

A: Von Emanuel. Bayreuth, 2. September 1802 (4. Abt., Bd. IV, Nr.251)

Präsentat S. 1: 2 Sept. beantw.