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Berlin d. 17. May 12

Meine liebe Caroline!

Deinen letzten Brief mit der Nachricht von dem Empfange der Dir assignirten 10 rth habe ich richtig erhalten, u bin nur durch die Zeit Umstände abgehalten worden, Dir eher wieder zu schreiben.

Das neueste was ich Dir zu melden habe, beziehet Sich auf Minnas Entschluß, wieder von hier weg, und nach Wien zu gehen. Sie meynt dort mehr zu gelten, weil ihre Talente dort seltnener sind; u sie mag wohl Recht haben; nur sind die Zeit Läufte nicht von der Art, daß auf Talente überhaupt etwas verwendet würde ich will ihr indeßen an ihrem Glück nicht hinderlich seyn; u habe ihr daher auch ihr Richtersches Capital von der Hauß Obligation abschreiben laßen, u zur eignen disposition übergeben. Sie gehet also jetzt mit deßen Einziehung Behufs der sich zu verschaffenden Reise Kosten um; auch will sie die Minona u den Richard mitnehmen. Daß sie ohne bedeutende Einbuße das Capital nicht zu Gelde machen kann, verstehet sich von selbst. Herr Richter hatte ihr nur die Hälfte dafür |2 geboten, wofür sie es ihm aber nicht gelaßen hat.

Eine Menge anderer Gegenstände laße ich unberührt, weil sie weniger wichtig sind, und weil es mich hauptsächlich nur interressirt, von Dir zu erfahren, wie es Dir gehet; und den Faden der wechselseitigen Theilnahme nicht abreißen zu laßen.

Zu den Unterhaltungen meines Geistes gehört jetzt ein Collegium beym Professor Weisse (Nachfolger von Karsten ) über die Philosophie der Natur Wißenschaft. Es ist voller interesse, weil ich nebenher manches von der sogenannten Natur Philosophie höre, worüber ich nichts lesen mag, und die nicht zu den Zwecken der Weissenschen Vorlesungen gehört. Mein Nachbar im Collegio ist Herr Geheimer Rath Eiselen , Vater einer Krieges Räthin Dieterich in Bayreuth .

Meine Gesundheit ist gut, auch fühle ich mich trotz aller Sorgen, die mich sehr drüken, und mir eine trübe Zukunft zeigen, voller energie, das Beste, was man nächst der Gesundheit zu erhalten suchen muß.

|3 Meine Frau leydet am Gehör, ist aber sonst gesund, und grüßt Dich hertzlich.

Gib mir bald Nachricht von Dir, deinem Mann u Kindern, u küße diese.

Dein
treuer Vater
Mayer

Zitierhinweis

Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 17. Mai 1812, Sonntag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0347


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 4°, 2¼ S. Auf S. 4 Adr.: An | die Frau LegationsRhätin Richter | gebohrne Mayer | in | Bayreuth. Sowie Postzeichen: 8; frey | Hof; 100 und Siegel.