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Meine gute liebe Guste, kaum kann ich es verlangen daß du fleißiger im Schreiben an mich bist, da ich Dir solange keinen ordentlichen Brief geschrieben habe. denn die wenigen Zeilen die ich Dir doch fast immer gebe , rechnest Du mir nicht an, und Du sollst es auch nicht. Wir denken recht viel an Dich, und Du kannst wohl glauben, daß Du mir die an Dich so gewöhnt ist, in mancher einsamen Stunde recht sehr fehlst. Schreib mir doch nächstens wie es auch mit Deiner Gesundheit steht. Hast du jezt mehr Beharrlichkeit die Vorschriften des Arztes zu befolgen bist Du schon bedachtsamer und ernsthafter geworden? Sei ja recht streng, besonders aus Rüksicht für den guten Vater, dem die Besorgnis für Dich so schmerzlich ist. Könnte ich Dich doch mündlich fragen meine gute Guste wie Dir ist?

Das Herannahen der Weihnachtsfeyer führt mich in unser Haus so lebendig zurück , daß ich ganz in den Tagen bei uns (so mus ich sagen) seyn werde. Wäre es möglich gewesen, daß Du die Akziese d Postausgaben allein hättest besorgen können, so schikte ich Dir die Weste für den besten Vater allein zu, und Du legtest sie am Weihnachtsmorgen heimlich auf sein Bett – aber wahrscheinlich werden diese viel Umstände machen, und so muß ich es ganz prosaisch einrichten. Wenn doch die Freude über die völlige Verfertigung derselben – die einigen Tadel die diese verdient bei Ihm überwöge, wie wollte ich mich freuen. Schreib mir wenigstens das, recht ehrlich wie zufrieden der gute Vater damit ist.

|2 Dir, mein Herz hätte ich gern eine kleine Freude gemacht aber für Deinen Geschmack finde ich nichts hier, daß Du in Berlin nicht viel beßer haben könntest – daher wähle Dir für den Thaler den ich an der rechten Westentasche eingenäht habe etwas zu meinem Andenken aus, das Dir lieb ist, u verzeih daß es nicht mehr ist. Die weißen Handschuhe habe ich für die gute Tante Siegfried gestrikt, aber es ist ein so unbedeutend Geschenk, daß ich mich schäme sie ihr zu geben. Ich weis daß Du eine so unendliche Freude darin finden wirst ihr ein kleines Geschenk zu machen, daher gieb Du sie in Deinem Namen. Du glaubst nicht wie ich mich freue, daß Dir das wilkommen seyn wird. Meinem Mann habe ich bis jezt noch nichts bestimmtes denn man kann hier nicht so gute und wohlfeile Waaren haben, als in Berlin, sonst machte ich ihm einen neuen Schlafrock. Die Aussicht des Wiedersehens in Leipzig welches nun fast gewis ist, da Papa sich losmachen will macht Dich gewis auch unaussprechlich glüklich. Wie seelig werden wir alle seyn! Bis dahin denke an mich, und schreibe mir bald – viel – und Geschichte von Deinem Leben Deinen Umgang – mein Mann ist halb böse auf Dich – versöhne ihn mit einem weitläuftigen langen Brief – Er küßt Dich herzlich, und wünscht oft daß Du ihn einmal necken möchtest an seinen Krauskopf.

Behalte mich lieb, u glaube daß ich Dich ewig liebe, Du gutes gutes Herz.

Deine treuste Caroline

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Auguste Mayer. Meiningen, im Dezember 1801 (?). In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0356


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 8°, 2 S. Linker Rand von S. 1 abgeschnitten. Datierung vfrH über dem Brief: Dez. 1801.