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B. 16 Apr. 3.

Caroline! Ich weiß nicht recht, soll ich mich freuen od. soll ich mich nicht freuen, wenn Ihnen es so lange wie mir zu seyn scheint, daß ich Ihnen nicht geschrieben habe, was mich durchaus nicht freuen kann.

Meine Eitelkeit, die wär' es schon im Stande – ließ ich sie mit stimmen – u ließ mich Freude üb. meinen u Ihren (?) Schaden haben; ab. sie muß schweigen u nur ich – kann sich dieses Ich v. seiner Eitelkeit trennen? – schreiben.

S. nennen sich Egoiste u ich glaube mich eitel, wer v. uns beiden ist vorzuziehen? Macht man in der Welt so viele Menschen froh, so viele glückl., als man kann, so hat man Alles gethan, was man soll. Mir macht es viell. mehr Freude, wenn man mir ein Gartenhaus für Einen Sommer miethet – u also auch dem Miether – als schenke einer einem ErdenGotte ein ganzes Leben.

Und dies Beispiel ist ein wahres. Vor 10 Tagen miethete mein Uhlfelder ein sehr niedliches u nun schon artig eingerichtetes Gartenhaus, das ich – durch seine Güte u meine Überraschung – wenigstens ein Jahr wie mein Haus benutzen u geniesen kann.

Er, der Gute, gärtelt in diesem Augenblicke vor meinem Fenster u ich schreibe v. ihm an S..

Meine liebsten Beschäftigungen, das sind die mit meiner armen Seele u f. sie, werden also in diesem Sommer hier verrichtet.

Sie können unmöglich abgezogener v. Menschen leben od. leben wollen, als ich; nur wenige Menschen seh' u sprech' ich, mit denen ich nicht sprechen muß. Ich habe mehrere Freunde u Feundinen; aber wer u welche v. ihnen den Vorzug u in was er od. sie ihn hat, das mag ich mir selbst nicht deutlich machen.

Vor ohngefehr 6 Jahren sagte mir eine Freundin – sie ist im vergangenen gestorben –: "zwischen guten Menschen muß od. darf man nie Vergleichungen anstellen: man verliert immer."

Die, die auch nicht zum Vergleichen taugte, hatte so Recht, daß ich sie, wenn ich sie einmal wiedersehen sollte, mit ihrer eigenen Wahrheit begrüssen werde.

In Berlin ist mir auch ein gewiß guter Mensch – auf dessen Wiedersehen dort ich mich jetzt eben so freue – nur nicht mit so vieler Zuversicht – als auf das ich mich auf das in Berlin gefreut habe – vorausgegangen: ich rede v. dem erst kürzlich gestorbenen |2 redlichen u biedern K. Ger. R. Schweder . S. haben ihn wohl nicht gekannt?

Die Gräf. Schlabernd. ist, so viel ich weiß gesund; sie hat mir vor einigen Monathen geschrieben, ich hab' ihr geantw. u dam. war Alles geendiget . In Meiningen hab' ich ihren Mann zu meiner Zufriedenheit kennen gelernet.

Mein Thieriot hat am 5 Apr. Par. verlassen , ist jetzt in Ffta/M u meinen Wünschen nach in längstens 10–12 Tagen b. mir .

Nun dank' ich Ihnen recht innigst u herzlich f. die gute Besorgung des Reißzeugs , wof. beiliegend die 6 Rth folgen.

Mir u meinem Uhlf. haben S. Freude dam. gemacht u auch dem Sohn Uhlf. Beide danken Ihnen auch u der Vater grüßt S. recht treuherzig. Der kl. Uhlfelder soll Oeconom u Geometre werden. Uhlf. wendet viel auf seine 3 Kinder u hat durchaus keine Schuld, wenn s. ihm nicht recht viel Freude machen. Uhlf. ist einer der besten Menschen die ich kenne u er kennet keinen so guten. Es wäre traurig um die Menschen, wenn ich ein nur wen sehr – od. nur ein wenig mehr als ganz gewöhnlich gewöhnlich guter Mensch unter ihnen wäre.

Allein bin ich gut u. b. Guten bin ich s auch; ab. schreibt Jemand "Epitave" so schreib' ich s nach, ohngeachtet es mich hernach reuet, daß ichs falsch u nicht Epitaphe geschrieben habe.

Alles ws S. mir üb. unsre Berliner sagen glaub' ich u dieserwegen machts mich oft traurig.

Sagen S. mir etwas v. Dav. Friedlander.

Seyn S. nur recht fleißig Car.; es macht uns doch auf dieser Erde weniges nur selten etwas glücklicher, als Arbeit.

Wollten unsre Geschwistere in Moses nur Arbeiten, dann würde ihnen bald geholfen seyn.

Die Meinigen grüssen S. Alle u ich grüsse S. gerne u schreib' Ihnen gerne.
A Dieu Car. A Dieu.

E.

Zitierhinweis

Von Emanuel an Caroline Goldschmidt. Bayreuth, 16. April 1803, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0358


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Textgrundlage

Hk: Slg. Apelt
1 Bl. 8°, 2 S.