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Meiningen den 8ten Octobr 02.
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Mein geliebter Vater!

Endlich ist es mir erlaubt, was ich im ersten Augenblik des Empfangs Ihres Briefes wünschte; Ihnen schreiben zu dürfen, und Ihnen meine Freude über die Erfüllung unsrer Wünsche für Ihr Glück, auszudrüken. Ich kann es Ihnen nicht sagen wie dankbar ich der Vorsicht bin, daß Sie eine Verbindung nach Ihrem Herzen geschlossen haben, und daß nicht die bloße Uberlegung Sie zum Ziele geführt hat – daß Ihr warmes Herz noch einmal Befriedigung findet! Gott erhalte Ihr Glück, nun können wir ohne Unruhe an Sie denken, und die öde Einsamkeit Ihrer Lage kann uns nicht mehr schauderhaft seyn. Mir war sie es, und ich fürchtete mich oft für die zu lebhafte Vorstellung. Eines möchte ich, Ihre Freundin kennen – von deren äußeren Verhältnißen ich nichts weis – ob es die Schwester der G. R. Rabe ist , denn von einer anderen Familie Caesar habe ich nie etwas gehört.

Ich werde einige Zeilen an Sie mit beilegen, denn der Person die das Glück meines Vaters gründen wird, gehört meine höchste Dankbarkeit, Achtung und Liebe.

|2 Gewis haben Sie, theurer Vater, einen innigen Antheil an meinem Glük Mutter zu seyn , gewonnen. Der Himmel hat mich auch so glüklich durch alle Gefahren des Wochenbetts geführt, daß ich Ihm u meinem zweiten Regierer, meinem Mann nicht dankbar genug seyn kann. Mein Mann war mein Arzt u meine Mutter – er ist so weise als sorgsam und ohne fremde Pflege bin ich vielleicht mehr geschont worden, als tausende die von mehreren Händen unterstüzt werden, ich wünschte vor meiner Niederkunft, Ernestine zu mir, doch jezt sehe ich ein, daß ihre Gegenwart mehr ein Luxus für mein Herz als nothwendig gewesen wäre. Wir haben ein schönes zartes Mädchen, ich hofte auf einen Jungen) wenn Sie es sähen würden Sie an der Form sich erfreuen, u es ist so gesund u ruhig. Ich bin so glüklich es selbst nähren zu können, u habe keine schlimme Brust gehabt Oft denke ich, daß so vollendete Seeligkeiten nicht dauern können, ich habe nun alles was der rechte Mensch begehren kann, u weiß nur, daß ich es nicht verdient habe, aber mein guter Mann hat es verdient. |3 Noch haben wir unsern kleinen Engel nicht taufen laßen , weil meine Gesundheit erst völlig hergestellt seyn soll. Wie eine solche Catastrophe die ganze Natur verändert, die meinige, sonst so starke muste sich den Foderungen der schwächsten unterwerfen, denn ohngeachtet der grösen Vorsicht verfiel ich am 11 ten Tag in ein Fieber zurük, weil ich zu lang außer dem Bett gewesen war, heute ist der 18te Tag – ich liege noch auf dem Sopha, u auch liegend schreibe ich Ihnen daher vergeben Sie daß ich so schlecht schreibe. Meinen Tanten geben Sie doch diese Briefe , worin ich sie zu Pathen unseres Kindes einlade . Von meinen Schwestern bitte ich keine, sie werden keinen Werth darauf legen.

Nun noch meinen Dank für Ihre schnelle Ausführung der Wechmarschen Bitte. Mein Mann hat so gleich das Blatt von Kirchner dem Herrn v. W. geschikt , u was er nun weiter abzumachen hat, kann er mit diesem unmittelbar verabreden. ich habe ungern Ihnen liebster Vater |4 dis Anliegen vorgetragen, weil Ihre Zeit Ihnen kostbar ist.

Das Geld habe ich unrichtig von Matzdorf empfangen, weil es [...] zu viel ist – 4 L d'or anstat 3 . Doch ich erkläre mir es mit meinem Mann so, daß Sie es beivon dem nächsten abrechnen werden. Noch muß ich Ihnen sagen, daß Ihre kleine Enkelin und Pathe Emma genannt werden soll. segnen Sie sie in Gedanken, wie Ihre Tochter – Gott segne Sie bester geliebter Vater, und laße Sie in Ihrer Verbindung alles Glück finden was Sie erwarten und Ihre Kinder für Sie wünschen – entziehen Sie uns nie Ihre Liebe. Mein Mann grüßt Sie innig und ich bleibe ewig, Ihre

treuste Caroline.

Da ich noch nicht wohl genug bin, bester Vater Ihrer Freundin heute schreiben zu können so entschuldigen Sie mich bei Sich – recht bald schreibe ich Ihnen wieder, und dann lege ich etwas bei. Ich fühle mich sehr angegriffen von beiliegenden Briefen. Leben Sie wohl mein ewig geliebter Vater.

Beiliegendes unbeschriebene Briefchen ist doch für Ihre Henriette

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Meiningen, 8. Oktober 1802, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0375


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Textgrundlage

H: JBK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S. Unterstreichung vfrH mit blauem Stift.


Korrespondenz

B: Von Johann Siegfried Wilhelm Mayer an Caroline Richter. Berlin, 24. September 1802, Sonnabend