Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
Berlin d. 9. August 19.

Meine innigst geliebte Caroline!

ich melde Dir, daß wir am 1.ten August hier wieder glücklich, und wenigstens, innerlich gesund angelangt sind. Selbst die Folgen eines Unfalls, der uns kurtz vor unsrer Ankunft in Potsdam betraf, und der in einer andern felsigten Gegend sehr übel hätte ablaufen können, ist von der Vorsehung so glüklich geleitet worden, daß wir ohne körperlichen Schaden davon gekommen sind. Unser Wagen brach nehmlich, und mußte mit Stökken so weit in Stand gesetzt werden, daß meine Frau sicher nach Potsdam fahren konnte, nachdem mich ein fremder Reise Wagen besonders aufgeladen, u nach Potsdam gebracht hatte. – Jetzt laben wir uns immer an den angenehmen Erinnerungen der mit Deinem so hertzlich gefundenen Mann, mit Dir u mit Deinen so lieben Kindern zugebrachten Stunden, und freuen uns der Zukunft, die uns nach dem Versprechen Deines lieben Mannes wieder vereinigen soll.

Übrigens beziehe ich mich auf das inliegende Schreiben meiner Frau, welches Dir besonders über unsern Aufenthalt in Leipzig Nachricht geben wird, wo wir gantz dem Andenken unserer guten Ernestine gelebt haben. Mein Befinden ist genau so, wie ich es mir auf dem hiesigen Stein Pflaster dachte. ich bin gelähmter als jemals; u zu einer sehr kostbaren existentz verdammt.

|2 Übrigens wünschte ich, daß Du mir die letzte Dir übersandte u bezahlte Zinß Rechnung abschriftlich übersenden möchtest, um diese Sache auch für die Folge in Ordnung zu bringen. Noch bitte ich Dich uns Deinen Bayreuther Freunden besonders der Ottoschen u Emanuelschen Familie zu empfehlen, auch die Frau Rollwetzeln (so hieß, wo ich nicht [...] irre, die freundliche Bes Besitzerin eines [...] von Deinem lieben Mann täglich besuchten Gartens) hertzlich zu grüßen

auch von seiner Frau
, besonders aber auch den in der Gesellschaft bey ihr anwesenden Herr Prediger , deßen Nahme mir entfallen ist.

Verzeihe übrigens, daß ich für heute abbreche

Dein


treuer Vater
Mayer

ich mögte Dich, liebe Caroline, nicht gern länger auf diesen Brief Deines Vaters warten laßen, und doch wird es mir heute schwer zu schreiben; nur so viel, daß wir, bis auf den Unfall mit dem Wagen, deßen Mayer erwähnt, ganz glücklich die Herreise gemacht haben.

|3 Wir kahmen Donnerstag den 29. in Leipzig an, blieben den ganzen Freitag da; wir besuchten den dortigen Kirchhof . mit Hülfe des Todtengräber fanden wir das Grab der seeligen Ernestine das durch 4 Accacien bezeichnet ist; auch das Grab Deiner seeligen Mutter ließ sich Mayer zeigen. Daß wir übrigens auf der Reise von nichts anders beinah sprachen als von Euch Ihr Lieben, wirst Du ohne meine Versicherung glauben und wir haben noch lange Freude in Vorrath durch unser Zusammensein mit Euch ,, Ihr Lieben..

Ist der Ponto Deines Mannes noch würklich bei Euch? ich weiß nicht was ich davon glauben soll. ich habe mich hier sogleich nach seinem representanten erkundigt. Dessen Papiere sind versiegelt, er selbst ist in der Schweitz, und auf die Gesichter der Befragten konnte ich nicht recht lesen ob man ihn für schuldig hielt oder nicht.

|4 Du hast mir versprochen Deine wenigen Aufträge noch schriftlich zu wiederhohlen, und darum bitte ich, um mein Hasengedächtniß zür Hülfe zu kommen. Was machen Deine geliebten Kinder, Du Beneidenswerthe! ich küße sie in Gedanken und auch Dich und Deinen Mann; Ema Spazier , ohne an irgend Jemand vorher ge zu schreiben, ist hier mit der ordinairen Post angekommen, in unserer vorigen Wohnung abgestiegen, und nachdem sie die neue ausgefragt, ganz verwundert gewesen unsere Abwesenheit zu vernehmen. Aus ihrer wirklich großen Verlegenheit, hat denn sie hätte im Wirtshause wohnen müßen, hat sie meine Schwester gezogen bei der sie 14 Tage logirt hat. Jetzt ist sie in Dresden.

ich wünsche einen sanften Übergang!

Von Julius haben wir gar keine Nachricht

Leb wohl geliebte Freundinn, erfreue uns bald mit einem Brief.

H. Mayer

Zitierhinweis

Von Johann Siegfried Wilhelm und Henriette Mayer an Caroline Richter. Berlin, 9. August 1819, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0393


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 1½ S. von Johann Siegfried Wilhelm Mayer, 2½ S. von Henriette Mayer.