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Am 23sten Juni, Abend's, am Vor-Abend, des Freude-gebenden Tages, der den Freunden den Freund gab .

Könnten wir doch immer – wenigstens öfterer was und wie wir wollten! – – Dieß fühle ich in diesem Augenblicke recht lebhaft. Denn, anstatt daß der Freund den Früh-Schlummer des Geliebten Neugebohrnen belauschen darff; dann dürfte es die Freundin auch; und beym Erwachen brächte sie den Gruß der Liebe und Freude. Doch durch die Hand des Freundes und eines solchen wie Uhlefelder erhält er eine doppelte Weihe und darum sey es!!

Heilig und festlich ist mir der Tag, der Sie Guter, Edler Emanuel, der Welt gab, ich danke Gott dafür, mit stiller inniger Empfindung bete ich zu ihm, flehend für Ihre Zufriedenheit, für Ihr Wohl. Ich fühle mehr als ich sagen kann, welches Gefühl ließe sich aussprechen! Sehr glücklich würde es mich machen, mit Ihnen an einem Orte zu leben, um durch die Zeit Ihnen beweisen zu können, wie treu und fest |2 ich die zarten Bande der Freundschaft halte und wie es meinem Herzen wohl thuend ist dem Freunde Alles zu seyn, was meine Kräfte erlauben. Sie, vertrauen mir, daß Sie mein Freund wurden, soll Ihnen nie gereuen! Dieß gelobe ich jetzt in einer der heiligsten Stunden meines Lebens.

Nur weil es mir schien als wollten Sie uns Ihren Tag nicht ganz geben, aus Achtung für Ihren Willen, versagte ich mir streng Sie darum zu bitten. Bleiben wir jedoch in Bayreuth, oh dann gehören vom schönen Tage der Freundinn und den Freundinnen einige Stunden.

Es kostete mir viel als vor einigen Augenblicken Sie von mir schieden, und wie immer meine Seele in der heitersten Stimmung war, daß ich Sie da nicht mit meinen heißesten Wünschen an mein Herz drücken konnte. Doch vielleicht haben Sie mich errathen, die Thräne der Freude und des Dankes ließ ich mir gern wegnehmen.

Nochmals des Himmels bester Seegen über Ihnen, wo der Mensch in einer solchen Stunde |3 zum Menschen spricht, dann nicht in der dritten Person, allso Gottes Seegen über Sie, Guter reiner sanfter Emanuel!

Henriette.

Zitierhinweis

Von Henriette Schwendler an Emanuel. Bayreuth, 23. Juni 1808, Donnerstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0401


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Textgrundlage

H: Slg. Apelt
1 Dbl., 2⅛ S. Über der Datumsangabe wohl von Emanuels Hand: 1808.