Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 24. Januar 1823, Freitag

Darstellung und Funktionen des "Kritischen und kommentierten Textes" sind für Medium- und Large-Screen-Endgeräte optimiert. Auf Small-Screen-Devices (z.B. Smartphones) empfehlen wir auf den "Lesetext" umzuschalten.



|1
B. Freitag den 24ten
Jan: — 23.

Geliebte Odilie!

Gestern erhielten wir Deinen Brief , der uns so sehr erfreute, wie jemals – Einer. Daß du froh bist und mit der jetzigen Gestaltung der Dinge, zufrieden, daß du Selbst so viel Gutes von Deiner Herstellung sagst, ist Alles beglückend für uns. Möchtest Du nun auch wirklich von dem Feste recht befriedigt werde und Herrn Heine und Auguste, und Alle Mitglieder der Anstalt dadurch belohnt werden. Ich werde an dem Tage mit ganzer Seele bei Euch sein. Ich freue mich selbst recht auf Dein Kleid . Du hast doch auch ein Schnürleib machen lassen, das will ich ganz besonders; das ist dann ein Gewinn für alle Kleider!

Wir haben nun jetzt vorzüglich wegen der Reise zu sprechen. Die Hauptsache ist die große Kälte zu berücksichtigen die hier |2 seit Mitwoch, Alles übertrift was wir den Winter noch empfunden haben. In solcher Kälte werde ich Dich nicht reisen lassen. Übrigens verlasse Dich auf mich daß ich um jeden Preis Dich holen lasse. sobald es nur etwas milder wird. Kann denn die Person wovon Du mir zuletzt geschrieben , noch mit Dir reisen? Das mußt Du mir bestimmt schreiben. Sollte indessen bei Dir sich ein Kutscher melden, der nach Baireuth oder Bamberg fahren wollte, so schreibe es mir auch, doch müssen wir uns gegenseitig auf einen bestimmten Tag verabredet haben, und vor allem die furchtbare Kälte abgenommen haben. Bis dahin lebe ruhig und ohne Sorgen, es kömmt ja auf 8 Tage nicht an. Ich denke nur an diese Angelegenheit, und ich versäume gewis nicht das Kleinste darin, darauf kannst Du Dich verlassen. |3 Vergiß ja nicht, mir Deine Ausgaben zu schreiben. Soll ich Dir nicht ein wollnes Kamisol und Strümpfe, nicht einen Mantel noch schicken, ich denke immer mein armes Kind friert erbärmlich.

Emma hat dir neulich geschrieben , sie wurde sehr liebenswürdig von den Fremden gefunden die mit dir hätten reisen können, wenn Dich damals Herr Heine entlassen hätte. Diese, waren 3 Abende hintereinander zum Thee bei uns, und intereßirten uns immer inniger. Der Vater war so gut gegen sie, wie er selten gegen Fremde ist und ich gab ihnen viel Aufträge nach Berlin und Dresden mit. Die armen Menschen müßen in der Kälte reisen.

Gestern war eine Tanzgesellschaft bei |4 Weldens wo Emma und der Vater sehr vergnügt waren. Emma tanzte auch unter andern mit dem Prinz Pius, der aber ein sehr ordinairer Mensch und schlechter Tänzer ist. Gern schickte ich Emma nach Würzburg Dich zu holen, wenn nur von hier eine zuverläßige Begleiterin hinreißte, aber daran ist nicht zu denken. Amöne und Otto fragen sehr nach Dir. Aber Emanuel kömmt gar nicht mehr zum Vater , und da er wirklich so ungerecht und hart gegen demselben sein kann, so müssen auch wir uns leidend verhalten. Ich habe alles gethan was man thun kann. Wenn Du aber kömmst, so will Emma mit Dir hingehen. Jetzt lebe wohl, geliebtes bestes Herz! Gesund und vergnügt bleibe mir ja bis wir uns wiedersehen. Tausendmal küsse ich Dich und bin ewig Deine

treuste Mutter

Ist nicht das letzte Blatt deines letzten Briefes liegen geblieben, ich denke immer es fehlt etwas

Zitierhinweis

Von Caroline Richter an Odilie Richter. Bayreuth, 24. Januar 1823, Freitag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0410


Informationen zum Korpus | Erfassungsrichtlinien

XML/TEI-Dokument | XML-Schema

Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 4 S.