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Leipzig den 23ten Jan. 1804.

Ich schicke Ihnen hier, mein werther Freund, ein kleines komisches Epos , dem ich Ihren Beyfall wünsche, um die Sünde es in die Welt gesetzt zu haben, leichter tragen zu können. Sollten Sie vielleicht unwillig darüber werden, daß ich den halsbrechenden Versuch, das griechische Drama in antiker Form, mit überall durchschillernder Modernität, auf unsre Breter einzuführen, lächerlich gemacht habe, so beschwöre ich Sie vergeben Sie mir um des alten heiligen Sophokles Willen, deßen Entweihung eine Züchtigung verdient! Oder können Sie es gelaßen ansehen, daß der alte Oedipus, der das Räthsel der Sphinx lößte, und sich selbst ein unauflößliches Räthsel blieb, in eine Madam N. N. zu Meßina verwandelt |2 wird, die Ihren Herrn Sohn nach Loretto schicken will, damit ihm seine Sünden auf Christ-katholischer Manier vergeben werden? Doch genug. Sie würden mich erfreuen, wenn Sie mir Ihre aufrichtige Meinung darüber schreiben wollten.

Für die herzliche und gütige Aufnahme, die ich bey Ihnen in Weimar fand, meinen innigsten Dank! Daß die Notizen, die Sie mir über die gaben nicht auf unfruchtbares Land gefallen sind, hat Ihnen mein Aufsatz in der Zeitung bewiesen. Meine Achtung für Göthe wächst in dem Maase meiner Erkenntniß, und schon der Gedanke unter seinen prüfenden Augen zu arbeiten, muß das, auserdem mühseelige, Rezensiren zu einer ehrenvollen und belohnenden Arbeit machen. —

|3 Welche seltne Erscheinung unter den Deutschen ist aber der Kotzebue! So rastlos zu arbeiten, um den Kreis der Verachtung weiter und immer weiter auszudehnen? –

Leben Sie wohl mein liebster Freund, herzliche Grüße an Ihr liebes sanftes Weibchen von mir und meiner Frau.

Johannes Müller besucht Sie ja in Weimar Er soll hier gewesen seyn. Leider habe ich ihn nicht gesehn!

Ich grüße Sie nochmals und empfehle mich Ihrer Freundschaft

A. Mahlmann

Zitierhinweis

Von Siegfried August Mahlmann an Johannes Daniel Falk. Leipzig, 23. Januar 1804, Montag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0433


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Textgrundlage

H: GSA, 15/II,1 C,4
1 Dbl. 8°, 2⅔ S. Auf S. 4 um 90° gedreht vfrH: Mahlmann.