Von Ludwig Gentz an Caroline Richter. Berlin (?), 19. Oktober 1811, Sonnabend

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Die Ihrigen meine theure Freundinn, mahnen mich an eine leider nur zu lang verschobene Pflicht; ihre Aufforderung wird durch eigne Vorwände dringend unterstüzt, u ich würde mein Gewißen gleich jezt reinigen, wenn ich nicht besonders wünschte, noch einige Nachsicht von Ihnen zu erhalten.

Ich habe vor 14 Tagen meinen redlichen Bruder verlohren , u will gegen Ende dieses Monats seine Wittwe zu einer Freundin nach Pommern geleiten, wo sie den Winter zubringen will. Bisher sehe ich keinem Interesse bey dieser Reise entgegen. Die Noth macht erfinderisch. Wie man sich offt von jemanden trennt, um ihn mehr zu lieben, so habe ich offt gerade darum an Freunde geschrieben, |2 weil das Schicksal eine weitere Entfernung zwischen uns warf, als die gewöhnliche. Erlauben Sie mir daher, Ihnen von der Reise aus zu schreiben. Indem ich diesem Vergnügen entgegengehe, werde ich eine lebhaftere Rückerinnerung der innigen Freude haben, die ich genoß als ich Sie dieses Jahr wiedersah, u meine Mittheilung wird mich vielleicht so täuschen, daß ich glauben könnte, ich erzählte Ihnen mündlich aber verblindet, u müßte dabey nur des Anblicks Ihres redlichen Gesichts entbehren, nicht Ihrer Theilnahme.

Leben Sie wohl u glücklich

Gentz

d 19 Oct. 11.

Zitierhinweis

Von Ludwig Gentz an Caroline Richter. Berlin (?), 19. Oktober 1811, Sonnabend. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0440


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Bl. 8° quer, 2 S.


Korrespondenz

Die Identität des Verfassers ergibt sich aus dem Hinweis auf den Tod von Heinrich Gentz und aus dem Vergleich der vorliegenden Handschrift mit der Handschrift des anderen Gentz-Bruders Friedrich von Gentz.