Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 1. Januar 1803, Dienstag

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Leipzig den 1sten Januar
1803.

Es wäre unverzeihlich, mein theurer Vater, so spät erst Ihnen meinen herzlichen Dank, für Ihr gütiges Weihnachts-Geschenk, zu sagen – und meine eigne kleine Gabe zum Hl. Christ erst jezt Ihnen zu bescheren, wenn ich nicht eine bedeutende Abhaltung gehabt hätte. Diese war zwar nur die Krankheit unsers dienstbaren Geistes – nemlich der Ihnen wohl-bekannten Marie welche ich von Berlin mitnahm. Jetzt ist sie wieder hergestellt – doch konnte sie in keiner ungelegnern Zeit davon befallen werden, als grade in der schönen Weihnachtszeit, wo man gern alle häuslichen Störungen aus dem Wege räumt, und so gern in einem kindlichen Freuden-Taumel leben mag. –

Was ich für Sie gearbeitet habe, machte mir mehr Freude als es Ihnen, mein geliebter Vater, machen kann – weil es für Sie war. In den gestrickten Schuhen werden Sie vielleicht |2 alte Bekannte entdecken. Denn es sind eben solche, wie wir in den Zeiten da wir noch so glücklich waren, an Ihrer Seite zu leben, jährlich für Sie arbeiteten, und – wie Sie sie gern trugen. Welch eine selbstsüchtige Absicht diesem kleinen Geschenk zum Grunde liegt errathen Sie ja wohl leicht? – Es kann ja nicht fehlen! – Nun müßen Sie doch einmal des Tages sich der Geberinn freundlich erinnern! –

Mit Ihren lieben Geschenken, ist geschehen was ihr Wunsch war! Minna hat zuerst die Wahl gehabt. Die kleinen Andenken von Gustchen habe ich mir ihr getheilt, und das für Caroline bestimmte, hat die Reise nach Meiningen auch schon angetreten! –

Ich schreibe Ihnen heut an dem ersten Tage des neuen Jahres, mein geliebter Vater! In einem frommen Gemüth knüpft sich Danck, – an die |3 Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft – Danck, für die Vergangenheit, auch wenn Sie schmerzliche Erfahrungen enthielt. In Bezug auf Sie gab es der leztern für mich nicht, sondern nur schöne Erinnerungen, und die Gewisheit, der Fortdauer Ihrer väterlichen Liebe! Für mich habe ich weiter keinen Wunsch als daß diese mir ewig bleiben möge – und Ihnen wünsche ich eine seegensvolle Zukunft! Leben Sie wohl, mein geliebter Vater!! Ewig bin ich

Ihre treue Tochter
E'. Mahlmann

Tausend Empfehlungen von meinem Mann, an Sie, mein bester Vater, und Ihrer lieben Frau von uns allen beyden.

Zitierhinweis

Von Ernestine Mahlmann an Johann Siegfried Wilhelm Mayer. Leipzig, 1. Januar 1803, Dienstag. In: Digitale Edition der Briefe aus Jean Pauls Umfeld, bearbeitet von Selma Jahnke und Michael Rölcke (2020–). In: Jean Paul - Sämtliche Briefe digital. Herausgegeben im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften von Markus Bernauer, Norbert Miller und Frederike Neuber (2018–). URL: http://jeanpaul-edition.de/umfeldbriefbrief.html?num=JP-UB0523


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Textgrundlage

H: BJK, Berlin A
1 Dbl. 8°, 2⅔ S.